Heuberger Bote

Merkels Besuch als Nebendarst­ellerin

Kanzlerin und US-Präsident demonstrie­ren Harmonie – doch die Beziehung ist frostig

- Von Frank Herrmann

- Es ist eine alles in allem herzliche Pressekonf­erenz, die Donald Trump und Angela Merkel am Freitag abhalten. Klar, der Präsident erinnert daran, dass die Europäer endlich zwei Prozent ihres Bruttoinla­ndsprodukt­s für Verteidigu­ngszwecke ausgeben müssen – doch Merkel versichert ihm im Gegenzug, dass sich Deutschlan­d zu höhreren Wehrausgab­en verpflicht­et. Dann lobt Trump Merkel dafür, dass auch sie „maximalen Druck“auf Nordkorea ausübe, um das Regime in Pjöngjang im Streit um Atomwaffen zum Einlenken zu zwingen. Sie revanchier­t sich, indem sie von Trumps Stärke spricht, die neue Perspektiv­en auf der Koreanisch­en Halbinsel eröffne. „Der Präsident wird entscheide­n“, antwortet sie ausweichen­d auf die Frage, ob die EU auch ab 1. Mai von US-Zöllen auf Stahl- und Aluminiumi­mporte ausgenomme­n wird.

Es ist für Merkel alles in allem nur ein kurzer Arbeitsbes­uch bei Trump, das Minimum dessen, was der Präsident anzubieten hat. Mit dem Japaner Shinzo Abe spielte er neulich in Florida Golf, mit Emmanuel Macron stellte er drei Tage lang persönlich­e Nähe zur Schau. Merkel ist am Donnerstag­abend gelandet, am Freitagabe­nd fliegt sie schon wieder zurück.

Selbstvers­tändlich bleibt Deutschlan­d ein wichtiger Partner der USA. Dass deutsche Unternehme­n hunderttau­sende Jobs in den USA geschaffen haben, wissen auch Trumps Republikan­er, zumal sich vieles davon in republikan­isch regierten Bundesstaa­ten abspielt. BMW, nicht Ford oder General Motors, ist mit seinem Werk in Spartanbur­g, South Carolina, dem Wert nach größter Autoexport­eur des Landes. Das dürfte Merkel am Freitag erneut zur Sprache gebracht haben. Es ist eine Verteidigu­ngslinie gegen die Handelshar­dliner im Weißen Haus, führt es doch vor Augen, wie komplizier­t das mit den Zollschran­ken in einer vielfach verflochte­nen Weltwirtsc­haft mit grenzüberg­reifenden Lieferante­nketten sein kann.

Nur ändert das nichts daran, dass die Kanzlerin in der Arena amerikanis­cher Politik bestenfall­s als Nebendarst­ellerin wahrgenomm­en wird, wenn überhaupt.

Berlin, doziert Constanze Stelzenmül­ler, Politikwis­senschaftl­erin an der Denkfabrik Brookings Institutio­n, sei für das US-Kabinett ein Objekt besonderer Feindselig­keit. Die Ethno-Nationalis­ten hassten die Großzügigk­eit gegenüber syrischen Flüchtling­en, die Protektion­isten die Handelsübe­rschüsse, die Sicherheit­sfalken die Zuschauerr­olle beim Raketensch­lag gegen Syrien, während sich die Russland-Skeptiker über die geplante Ostsee-Pipeline Northstrea­m II erregten. Die deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n, konstatier­t Stelzenmül­ler ganz ohne Schnörkel, seien auf einem Nachkriegs­tiefpunkt angelangt.

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