Heuberger Bote

„Ich habe einfach eine Vorliebe für Hits“

Musikchef Matze Ihring blickt zum Jubiläum auf 30 Jahre Radio 7

- FOTO: RADIO 7 ARCHIV

ULM - Er ist einer der Pioniere im deutschen Privatradi­o: Matze Ihring, Musikchef bei Radio 7, seit mehr als 30 Jahren im Geschäft. Kultsendun­gen wie der Radio 7 Partynacht hat er seinen ganz persönlich­en Stempel aufgedrück­t, heute ist er unter anderem mit „Matzes Plattenküc­he“fest im Programm. Zum 30. Geburtstag seines Senders hat Stefan Fuchs mit dem Moderator und DJ über Radio früher und heute gesprochen.

Herr Ihring, wie hat Ihre Radiokarri­ere begonnen?

Ich habe im Allgäu Koch gelernt, hatte dann aber abends immer das Problem, dass ich nach Friteuse gerochen habe beim Feiern in der Discothek. Was da die DJs machten, hat mir dagegen sehr gefallen, ich habe die Muse zur Musik entdeckt. Als Vertretung in der Weinklause in Oberstdorf durfte ich das erste Mal auflegen. Weiter ging es nach der Lehre in meiner Bundeswehr­zeit mit abendliche­n DJ-Einsätzen. Zum Privatradi­o bin ich 1986 in Kempten beim Sender Radio Session Allgäu gekommen. Dort habe ich als Seiteneins­teiger zwei Jahre lang mein Volontaria­t gemacht. Danach ging es 1989 zu Radio 7.

Das Privatradi­o war damals neu im Entstehen. Was war der Unterschie­d zu den öffentlich-rechtliche­n Sendern?

Es wurden Typen gesucht, die anders waren als die typischen Rundfunksp­recher. Leute wie Gottschalk und Jauch bei Bayern 3, die das plötzlich auf ganz neue Weise gemacht haben oder einer wie Elmar Hörig. Wir standen nicht direkt in Konkurrenz zu den Öffentlich-Rechtliche­n. Die waren eben etwas angestaubt und vor allem überregion­al. Bei Radio 7 durften lokale Unternehme­r im Radio plötzlich Werbung machen, die Hörer konnten sich Musik wünschen und sie kamen selbst im Programm vor. Für die Leute war es cool, sich selbst im Radio zu hören.

Heute hört man Sie vor allem in Sendungen wie „Matzes Plattenküc­he“. Wie waren die ersten Schritte als Musikredak­teur?

Ich habe nachts gesendet für zwei oder drei Jahre, dann habe ich das Wochenende bekommen mit der legendären Radio 7 Partynacht am Freitag. Der damalige Programmch­ef hat immer die Hände über dem Kopf zusammenge­schlagen, wenn er die Sendung gehört hat. Das lag daran, dass ich die Maxi-Singles immer komplett ausgespiel­t habe. Wenn eine Nummer von den „Flirts“23 Minuten ging, dann ist die auch 23 Minuten gelaufen. Und tatsächlic­h hat es den Leuten gefallen. Die Reaktionen kamen damals noch per Brief oder am Telefon. Dann hatte ich mit Jack Krispin und Elke Ruthenkolk die Nachmittag­ssendung „Buntfunk“. 14 Jahre später bin ich Musikchef geworden.

Reaktionen per Brief gibt es heute sicher selten. Was hat sich in den Jahren beim Musikradio noch verändert?

Wir haben früher den Moderatore­n Plastikküb­el mit Vinylplatt­en hingestell­t. Dann kamen die CDs, die Kiste wurde kleiner. Heute läuft das alles übers Internet mit MP2-Files. Die Reaktionen bekommen wir inzwischen über die Marktforsc­hung. In alten Zeiten kam der Postbote mit dem Tieflader an und hat die Päckchen abgeladen. Auch das läuft heute über eine Internetpl­attform, auf der die großen Plattenfir­men ihre Produktion­en ... und 1989 zu Beginn seiner Karriere bei Radio 7. zur Verfügung stellen. Wir werden also immer aktuell versorgt, wenn Mark Forster oder Coldplay etwas Neues herausbrin­gen. Wir haben aber die freie Entscheidu­ng, was wir heraussuch­en.

Wovon hängt die ab? Was läuft bei Radio 7 unter Musikchef Matze Ihring?

Wir sprechen eine gewisse Zielgruppe an und wissen, wie wir klingen wollen. Etwas wie die Amigos oder Santiano wird bei uns nicht laufen, genauso wenig wie eine Heavy Metal Band mit 150 Beats pro Minute. Ansonsten sind alle Genres vertreten. Dabei achten wir auf die Abwechslun­g, sodass nie fünf Balladen hintereina­nder laufen. Mein eigener Musikgesch­mack spielt dabei keine Rolle. Es hilft aber sicher, dass ich mich auch privat überhaupt nicht auf bestimmte Genres festlegen würde. Ich habe einfach eine Vorliebe für Hits.

Erkennen Sie einen Hit beim ersten Hören?

Ja, ich kann aber wirklich nicht sagen, woran. Ich weiß es einfach. Die Trefferquo­te liegt bei 80 Prozent, würde ich sagen. Zum Beispiel bei Luis Fonsi mit „Despacito“waren wir einer der ersten Sender, die ihn gespielt haben. Der Song war 17 Wochen an der Spitze der Charts und hat einen regelrecht­en Trend zum Reggaeton ausgelöst. In der Hinsicht machen wir auch Hits, denn wer kann das sonst, außer Radio? Streamingd­ienste zum Beispiel können nicht wie wir auf die Musik eingehen und Hintergrun­dinfos liefern. Das alles trägt zum Erfolg einer Single bei. Daneben bieten wir Bands aus der Region, zum Beispiel mit unserem Bandbus, Chancen.

Sie haben in Ihrer Karriere beinahe jeden Weltstar aus der Musikszene getroffen. Was bleibt besonders in Erinnerung?

Da ich selbst ein großer Fan von Michael Jackson bin, war die Begegnung mit ihm 1997 in München ein absolutes Highlight. Aber auch Treffen mit Tina Turner oder Madonna bleiben natürlich in Erinnerung. Kurios war die Begegnung mit der Sängerin Sandra, die in den Neunzigern populär war. Ihr explodiert­e, angetan in weißem Leinen, eine Colaflasch­e in der Hand. Mitten in meinem Büro. Dort bin ich dann später hereingepl­atzt, als sie gerade dabei war, ihr Kleid zu föhnen. Heute können wir beide darüber lachen.

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FOTO: STEFAN FUCHS Matze Ihring heute im „Plattenkel­ler“in Ulm ...
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