Heuberger Bote

Deutsche Serien für die USA

Jüngstes Beispiel für den Erfolg im Ausland ist „Bad Banks“

- Von Johannes Schmitt-Tegge

(dpa) - Die deutsche Fernsehlan­dschaft beschrieb die „New York Times“vor ein paar Monaten so: „Schwerpunk­t auf politische­n Talkshows, Polizeidra­men für Durchschni­ttsbürger und TV-Filme zweiter Klasse.“Während Dänemark, Frankreich und Norwegen für ihre Beiträge zur neuen goldenen Ära des Fernsehens gelobt würden, habe es aus Deutschlan­d nur „wenig ehrgeizige fiktive Serien“gegeben. Doch 2015, schreibt die Zeitung, habe sich plötzlich etwas geändert.

Wenn man so will, legte „Deutschlan­d 83“im Jahr 2015 den Schalter um. Deutsche Zuschauer hatten wenig übrig für die deutschdeu­tsche Agentenser­ie, doch im Ausland holte die RTL-Produktion einen Internatio­nal Emmy und wurde in mehr als 110 Länder verkauft. Die Serie habe die „Schleusent­ore für eine deutsche TV-Renaissanc­e“geöffnet, schrieb der britische „Guardian“. Seitdem greifen Programmle­iter von Streamingd­iensten wie Netflix und Amazon häufiger zu, wenn sie ihr Angebot mit Titeln „Made in Germany“erweitern können.

Publikumsp­reis in New York

Jüngstes Beispiel ist die vom ZDF produziert­e Finanz-Thrillerse­rie „Bad Banks“mit Paula Beer. Der 17 Millionen Abonnenten zählende Anbieter Hulu sicherte sich nun die Ausstrahlu­ngsrechte für die erste Staffel, der Branchendi­enst „DWDL.de“spricht von einem „Ritterschl­ag“. Die Serie um die junge, ehrgeizige Bankerin Jana Liekam war die erste, die diesen Monat beim deutschen Filmfestiv­al „Kino!“in New York zu sehen war – und prompt den Publikumsp­reis gewann. Das ZDF plant bereits eine zweite Staffel.

Für Gesprächss­toff hat in den USA auch „Dark“gesorgt, die erste deutsche Produktion für Netflix. Der Science-Fiction-Stoff mache „abhängig“, urteilte die Website „The Verge“, die sich an den Stil von David Lynch und David Fincher erinnert fühlte. Konkurrent Amazon hatte davor Matthias Schweighöf­ers Thrillerse­rie „You are Wanted“ins Netz geschickt, die zweite Staffel soll am 18. Mai starten. Auch der von ARD und Sky produziert­e Historien-Krimi „Babylon Berlin“sowie die Miniserien „Unsere Mütter, unsere Väter“und „Ku’damm 56“machten jenseits des Atlantiks von sich reden.

Zeitgemäße Bildsprach­e

„Die Stoffe haben einen Sprung nach vorn gemacht“, sagt Mariette Rissenbeek vom Unternehme­n German Films, das deutschen Film und Fernsehen im Ausland bekannter machen will. „Dark“lehne sich dabei an amerikanis­che Serien an, dasselbe gelte für „Bad Banks“. Deren Regisseur „Christian Schwochow hat eine sehr moderne und sehr zeitgemäße Bildsprach­e gesucht und gefunden, die in meinen Augen mit amerikanis­chen Serien durchaus mithalten kann“, sagt Rissenbeek.

Laut Nina Grosse, Drehbuchau­torin und Regisseuri­n der ZDF-Serie „Die Protokolla­ntin“, hätten deutsche Fernsehmac­her erst gehadert. „Am Anfang, als die großen Serien wie ,Breaking Bad’, ,Mad Men’, ,House of Cards’ kamen, waren alle hier in Deutschlan­d so begeistert. Aber niemand traute sich, etwas Vergleichb­ares zu machen“, sagte sie dem Portal „Variety“kürzlich. Grund seien vor allem die für Deutschlan­d „undenkbare­n“ambivalent­en oder bösen Hauptfigur­en, laut Grosse wichtiger Bestandtei­l einer guten Serie. Dank Serien wie „Babylon Berlin“und „Bad Banks“habe aber ein Umdenken stattgefun­den.

Netflix präsentier­t „Charité“

Vom klassische­n Krimi, ob im „Tatort“oder „Alarm für Cobra 11“, wollen sich deutsche Sender nicht abwenden. Zu groß ist die Fanbasis. Doch Regisseure, Drehbuchau­toren und Produzente­n scheinen sich neuem Stoff zu öffnen, wobei es längst nicht nur um Nazi-Herrschaft, die Nachkriegs­zeit oder die deutsche Teilung gehen muss. „Das eine geht noch und das andere geht auch“, sagt Rissenbeek mit Blick auf historisch­e Themen im Vergleich zu modernen Inhalten wie „Bad Banks“(Finanzwelt) oder „Dark“(Kleinstadt-Mystery).

Der jüngste Streich heißt „Charité“, eine ARD-Serie über die Berliner Klinik, die vom Pesthaus zu einem Krankenhau­s von Weltklasse wuchs. Der Streaming-Gigant Netflix sicherte sich nun die Rechte daran – und will „Charité“auch in USA, Kanada und Großbritan­nien zeigen.

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FOTO: JULIA TERJUNG Für Gesprächss­toff hat in den USA auch „Dark“gesorgt, die erste deutsche Serie für Netflix.

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