Ein Riss nach 133 Spielen
Nach fast vier Jahren Dauereinsatz fällt Heidenheims Marc Schnatterer ausgerechnet im Abstiegsfinale aus
- Er ist eine seltene Spezies im bisweilen überhitzten Profifußball-Geschäft. Nicht nur, dass man es Marc Schnatterer abnimmt, wenn er nach Toren mit der Hand aufs Wappen des Trikot schlägt, es küsst. Ziemlich ungewöhnlich ist auch, dass einer 133 Spiele in der 2. Bundesliga abspult ohne zu fehlen. Dass die Fußball-Republik bei einem Ausfall des ewigen Schnatterers aufschaut, ist demnach folgerichtig. Schnatterer ist bundesweit ein Begriff, durch ihn auch der 1. FC Heidenheim.
Und jener sorgt sich um Schnatterers linken Oberschenkel. Zwei Sprints gingen gut, der dritte nicht. Muskelfaserriss. Am vergangenen Samstag, dem 1:1 bei Union Berlin, verletzte sich der 32-jährige Dauerbrenner das erste Mal in seiner Zweitliga-Zeit beim abstiegsbedrohten FCH. „Die Verletzung war Pech, kam aus dem Nichts“, sagt Schnatterer der „Schwäbischen Zeitung“.
Und es war Pech zur Unzeit. Der Zweitligist von der Ostalb befindet sich in der prekären Situation des, zugegebenermaßen, verrückten Abstiegskampfes der 2. Liga. Und der Kapitän des Tabellen-14. kann vorerst nicht mithelfen. Selbst vom nächsten Gegner, dem SV Sandhausen, kamen via Twitter Besserungswünsche. Das Spiel an diesem Sonntag um 13.30 Uhr in der heimischen Arena wird Schnatterer verpassen. „Klar wäre ich gerne auf dem Platz. Das ist eine ungewohnte Rolle“, merkt der Mittelfeldmann an. „Marc ist ein äußerst wichtiger Spieler, der uns in der Vergangenheit viele Erfolgserlebnisse beschert hat“, erklärt auch FCH-Trainer Frank Schmidt.
Vier Jahre ohne Verletzung
Auf 136 Spiele, denn drei stehen in dieser Saison noch aus, kommt Schnatterer nicht mehr. Nach seinem Zweitliga-Dauereinsatz vom 3. August 2014 bis 21. April 2018 hofft Schnatterer wie sein Trainer, in dieser Spielzeit nochmal eingreifen zu können. Es geht noch nach Kaiserslautern, am letzten Spieltag kommt Greuther Fürth. „Wir müssen von Tag zu Tag schauen. Ich hoffe, dass wir das relativ schnell in den Griff bekommen“, schätzt Schnatterer ein. Der gebürtige Heilbronner ist seit 2008 ein Heidenheimer – und derzeit in Behandlung.
Dass er überhaupt fast vier Jahre nie verletzt war, ist fast schon ein Rätsel. Schnatterer überlegt. „Ich bin glücklich, dass ich überhaupt so lange spielen konnte. Vielleicht sind es die Gene“, sucht er eine Erklärung. Der Dauerspieler ist froh, dass er bisher „voll durchziehen“konnte. Das eine Geheimnis um seine gute AntiVerletzungsanfälligkeit gibt es nicht. „Man muss seinem Körper Regenerationspausen geben. Ein wichtiger Punkt: Man sollte das tun, was einem gut tut, muss in seinen Körper reinhören“, beschreibt Schnatterer.
Wenn er sein Trikot mit der Nummer sieben überstreift, gibt er alles, das ist immer wieder zu sehen. Seine 14 Vorlagen und acht Tore halfen den Heidenheimern in dieser Saison weiter – aber er vertraut auch seinen Kollegen, die Sache ohne ihn zu regeln. „Wenn wir es so angehen wie in den letzten Wochen, mit Leidenschaft, dann werden wir den Klassenerhalt schaffen. Da bin ich mir sicher. In der 2. Liga entscheiden Kleinigkeiten“, spielt Schnatterer auf die vier Punkte aus den jüngsten beiden Spielen gegen Düsseldorf und Berlin an. Trainer Schmidt fordert: „Die Mannschaft muss jetzt aber, wie in Berlin nach seiner Auswechslung, auch ohne ihn funktionieren. Jeder Einzelne muss deshalb am Sonntag seinen Teil dazu beitragen, dass wir es schaffen, den schwierigen Ausfall von Marc zu kompensieren.“
Schnatterers Vertrag läuft noch zwei Jahre – und die will er nicht in der 3. Liga verbringen. „Ich lebe für den Verein“, hatte der 32-Jährige in der Rückrunde verkündet. Der Hashtag des Clubs #NurDerFCH passt zu ihm und seiner Vereinstreue – einem seltenen Gut, genauso wie der Dauerbrenner selbst.