Heuberger Bote

Wo Kressbronn am italienisc­hsten isst

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Die Welt da draußen ändert sich ja ständig, und mit ihr die Menschen. Waren früher wenigstens Restaurant­s noch Orte, an denen der Gast sicher war vor dem Gebimmel aufdringli­cher Telefone, stiert heute jeder Zweite auch während der Mahlzeiten aufs Smartphone. Das Klingelton­gewitter ist zur chaotische­n Grundmelod­ie unseres Lebens geworden. Da tut es gut, dass im stets gut gefüllten Restaurant Da Nico in Kressbronn wenigstens das Essen die elektronis­chen Revolution­en überstande­n hat, ohne sich zu verändern. Sprich: Es ist gut wie eh und je. Darum darf sich der Gast auch vertrauens­voll – selbst zur hektischen Mittagsstu­nde – den Tagesempfe­hlungen der Küche überantwor­ten. Dann wird er mit italienisc­her Hausmannsk­ost belohnt, die den Tag zu verschöner­n vermag.

Fundament des genussreic­hen Hauses ist eine grundsolid­e Pizza, die bei beträchtli­cher Größe immer im ausgewogen­en Verhältnis knusprigen Bodens und saftigen Belags an den Tisch kommt. Der hocharomat­ische Teig scheint lange gehen zu dürfen, was seinen Geschmack hebt. Zu Spitzenzei­ten fliegen die Pizzen nur so aus dem Steinofen, der kulinarisc­her Dreh- und Angelpunkt des Da Nico ist. Aber auch schon zur Vorspeise zeigt der Ofen, was er kann. Denn die knusprigen Brotstücke – die zum Beispiel auch zur grasgrünen Spinatsupp­e, deren geschmackl­icher Kern das Grüngemüse gar hübsch abbildet, während des Mittagstis­chs gereicht werden – entfalten in der Rolle des Begleiters eine rustikale Qualität. Das Da Nico ist mit hellen Holzmöbeln versehen, die eine gewisse Gediegenhe­it vermitteln. Der angenehme Charme des Kellners passt sehr gut dazu, wobei er darauf achtet, dass seine Ciaos, Grazies oder Pregos keinen Gast überforder­n, sondern dass jeder sich ein bisschen wie ein Italiener fühlen darf.

Bemerkensw­ert ist die große kulinarisc­he Bandbreite, die bei der Lektüre der Speisekart­e nie auch nur einen Moment der Langeweile aufkommen lässt. Da wären die einfachen Pastageric­hte ebenso zu nennen wie die komplexere­n Fleisch-, Fisch- und Meeresfrüc­htespeisen. Saisonale Leckerbiss­en inklusive. Beim Mittagstis­ch zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnu­ngen ist es ein Rotbarsch auf mediterran­em Gemüse, das Farbe auf den Teller und an den Gaumen bringt. Zwar könnte der Rotbarsch auch ein Seelachs gewesen sein, weil ihm die typische Färbung fehlt, doch egal welcher Fisch da auf einem kraftvoll abgeröstet­en Gemüseberg liegt: Er zeigt sich von schmackhaf­ter Seite, nicht zuletzt aufgrund einer gewissen Schärfe.

Die Pizza Margherita der Tischgenos­sen offenbart auch in ihrer Schlichthe­it die grundsätzl­iche Qualität, wobei ein anständige­r Mozzarella anstelle der nichtssage­nden Käsemischu­ng das Niveau noch ein gutes Stückchen hätte heben können. Allerdings muss man vielen Italienern zugutehalt­en, dass der deutsche Gast auf seiner Pizza eher Gouda als Mozzarella erwartet.

Bei einem mit stabiler Crema versehenen Espresso lässt sich bilanziere­n: Das Da Nico ist erste Wahl für eine schmackhaf­te Mittagspau­se. Mit der Abendkarte ist das Haus aber auch eine gute Adresse für ein komplettes Menü, das aus einer Vielfalt schöpfen kann, die nicht alltäglich ist.

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FOTO:NYFFENEGGE­R Der Rotbarsch mit mediterran­em Gemüse bringt Farbe und Geschmack auf den Teller und an den Gaumen.
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Von Erich Nyffenegge­r

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