Neuer IG-Metall-Chef für die Region
Industrie 4.0 und E-Mobilität sind Herausforderungen für neuen Vorsitzenden der IG Metall
Michael Föst ist nun Erster Bevollmächtigter.
- Die eigenen Interessen vertreten und notfalls durchsetzen, dabei Chancengleichheit herstellen – das ist das Bild des neuen Ersten Bevollmächtigten der auch für den Landkreis Tuttlingen zuständigen IG Metall Albstadt, Michael Föst, von gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern. Geprägt wurde dieses Bild vor genau 30 Jahren in DuisburgRheinhausen: Am 3. Mai 1988 endeten 165 Tage Arbeitskampf mit Generalstreik, Solidaritätsaktionen, Brückenbesetzungen, Massendemonstrationen, ausgelöst durch die Krupp-Ankündigung, sein Werk zu schließen und tausende Stahlkocher auf die Straße zu setzen.
Letztlich, sagt Föst, habe das alles in der Summe nichts gebracht. Die Arbeitsplätze seien weg. Aber die Aktion sei trotzdem gut und richtig gewesen, denn die Arbeiter hätten sich gewehrt und damit ihre Würde bewahrt.
Obwohl er seinen Marx schon gelesen hat – den Eindruck eines Revoluzzers macht Föst nicht. Eher den eines Pragmatikers. Zumal, wie er sagt, es einen großen Unterschied zwischen Betriebsräten und Gewerkschaften in seiner Heimat Ruhrgebiet und hier gibt. Dort biete die Gewerkschaft Identifikation in einer anonymen Arbeitermasse, hier kennt man sich in den Betrieben meist, ist eher wie in einer großen Familie. Entsprechend setzten im Ruhrgebiet die Betriebsräte und Gewerkschaften ihre Interessen gern auch mal gerichtlich durch, während man hier in der Region statt auf harten Konflikt auf Verhandlungen und Lösungen setze. „Man will doch keinen Krach in der Familie.“Dies mache es manchmal aber schwierig, die Interessen der Beschäftigten durchzusetzen.
Derzeit betreut die IG-MetallVerwaltungsstelle rund 120 Betriebe in den Kreisen Sigmaringen, Tuttlingen, Zollernalb, mit insgesamt rund 34 000 Beschäftigten, so Föst.
Nach dem Ruhestand des bisherigen Ersten Bevollmächtigten Walter Wadehn (wir berichteten) sind es jetzt zwei Bevollmächtigte und zwei Sekretäre im Vorstand. Föst ist zuversichtlich, dass die Vier die Aufgaben untereinander aufteilen können. Meist übernimmt er die Wadehn-Betriebe in der Betreuung. Föst ist viel
im Zollernalbkreis und wie bisher Sigmaringen tätig, im Kreis Tuttlingen werden die Größten so betreut: Aesculap von Georg Faigle, Marquardt vom neuen Zweiten Bevollmächtigten Klaus-Peter Manz, Hermle Gosheim von Georg Faigle, Chiron, Desma, Hammerwerk, Vosseler von Michael Föst.
Von fünf auf vier ist für Föst auch angesichts der Tatsache, dass die große Krise 2008 zu Dritt bewältigt wurde, kein Schreckgespenst – ein Zustand, den er aber auch nicht wiederholen will. Aber dass man Abstriche an der einen oder anderen Seite machen müsse, müsse eben auch gesagt werden. Dass die IG Metall Albstadt in den oberen Etagen ein reiner Männerclub war und ist, während die Sachbearbeiter alle „-Innen“ sind, erklärt Föst mit Zufällen.
Was sich durch sein Aufrücken von der zweiten Stelle auf den ersten Platz nun ändere, immerhin war er ja schon für das wichtige Feld Finanzen zuständig? Föst lehnt sich zurück: Mit dem Umsetzen der neuen Tarifverträge in Betriebsvereinbarungen, dem Ausgestalten der 28-StundenOption, also dass Mitarbeiter bis zu 24 Monate auf 24 Stunden wöchentlich reduzieren dürfen, und anderes, habe man aktuell gut zu tun. Es gelte, die Betriebsratsgremien, von denen in der aktuell laufenden Wahl wie üblich ein Drittel neu sein werden, zu begleiten und zu schulen. Dann folgten die Jugend-, Azubi- und Schwerbehindertenwahlen und 2019 der Gewerkschaftstag, den es unter Umständen mit Anträgen vorzubereiten gelte.
Ziel sei auf jeden Fall Mitgliederwerbung, vor allem dort, wo die IGMetall bereits etabliert sei, und durch das Betonen der anstehenden revolutionären Änderungen durch Industrie 4.0 und Elektromobilität. Hier nicht zu Anhängseln von Maschinen oder überflüssig zu werden, sondern das ureigene Interesse nach guter und sicherer Arbeit durchzusetzen, darauf wolle die IG Metall verstärkt aufmerksam machen.
„Man will doch keinen Krach in der Familie.“
Zur eher konsensorientierten Vorgehensweise im Südwesten.