US-Justiz klagt Martin Winterkorn an
Wegen des Abgasskandals drohen dem einstigen VW-Chef bis zu 25 Jahren Haft
BERLIN (dpa) - Die US-Justiz will den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn im Abgasskandal vor Gericht bringen. Ermittler klagen ihn wegen Betrugs und Mittäterschaft in der Dieselaffäre an, wie aus einer erweiterten Anklageschrift hervorgeht, die am Donnerstag vom zuständigen Gericht in Detroit (USBundesstaat Michigan) veröffentlicht wurde.
Das US-Justizministerium machte die Anklage am Donnerstag beinahe zeitgleich mit dem Ende der VWHauptversammlung in Berlin bekannt. Dort hatte der neue VW-Chef Herbert Diess bei den Aktionären für seine Umbaupläne geworben und einen konsequenten Kulturwandel versprochen.
Für die Bemühungen um ein sauberes Image ist die Anklage in den USA ein herber Rückschlag. Bislang hatte VW stets versucht, den Abgasskandal als das Werk von Mitarbeitern in unteren Rängen darzustellen. Dass jetzt der ehemalige Konzernchef auf die Anklagebank soll, passt nicht zu dieser Version.
Die Tatsache, dass die kriminellen Straftaten von VW von der höchsten Ebene der Konzernführung abgesegnet gewesen sein dürften, sei erschreckend, sagte der zuständige Staatsanwalt Matthew J. Schneider vom östlichen Bezirk Michigans laut einer Mitteilung.
„Wer versucht, die Vereinigten Staaten zu betrügen, wird einen hohen Preis bezahlen“, erklärte USJustizminister Jeff Sessions. Volkswagen kooperiere vollumfänglich mit dem US-Justizministerium, teilte das Unternehmen am Donnerstagabend mit. Allerdings sei es nicht angemessen, zu individuellen Verfahren Stellung zu nehmen.Winterkorn wird Betrug vorgeworfen - er soll außerdem Teil einer Verschwörung zum Verstoß gegen US-Umweltgesetze gewesen sein.
Dem 70-Jährigen drohen einem Gerichtssprecher zufolge im Fall einer Verurteilung bis zu 25 Jahre Haft und und eine Geldstrafe von maximal 275 000 Dollar. Die US-Behörden vermuten Winterkorn laut Justizkreisen in Deutschland, von wo ihm vorerst keine Auslieferung drohen dürfte.
Der Top-Manager war im September 2015 von seinem Amt zurückgetreten, kurz nachdem US-Behörden Abgasmanipulationen von Millionen Dieselautos bei VW aufgedeckt hatten.
VW hatte nur mit einer Schummel-Software Schadstoff-Grenzwerte eingehalten. Winterkorn hatte aber betont, sich keines Fehlverhaltens bewusst zu sein.
VW musste wegen des Skandals in den USA Milliarden an Strafen zahlen. Durch die Affäre wurde auch das Image des Diesel schwer beschädigt.
Diese Krise hält bis heute an. Die US-Justizbehörden hatten zuvor bereits Strafanzeigen gegen acht amtierende und frühere Mitarbeiter des VW-Konzerns gestellt. Zwei von ihnen wurden bereits zu mehrjährigen Haftstrafen und hohen Geldbußen verurteilt.