Heuberger Bote

Abschied von Schule, nicht von der Musik

Musikschul­leiter Klaus Steckeler geht in den Ruhestand – Jubiläumsk­onzert am Samstag

- Von Dorothea Hecht

- Noch knapp zwei Monate. Dann wird Klaus Steckeler, 65, kurz vor den Sommerferi­en zum letzten Mal die drei Treppen zu seinem Büro hochsteige­n. Durch die Türen wird nachmittag­s Klaviergek­limper oder Blasmusik dringen – Klänge, die auch in seinem Büro unterm Dach noch aus der Ferne zu hören sind. Arbeiten bei Musikbegle­itung, das ist für Steckeler Alltag. Fast 33 Jahre ist er in Tuttlingen Musikschul­leiter. Ende des Schuljahre­s geht er in Rente.

An seinen ersten Tag in der neuen Stelle, den 2. September 1985, einen Montag, erinnert Steckeler sich noch genau. Er kam aus Radolfzell, dort war er fünf Jahre lang stellvertr­etender Musikschul­leiter gewesen. In Freiburg hatte er Musiktheor­ie und Kompositio­n studiert, Klavier und Tuba sind noch heute „seine“Instrument­e.

250 Schüler weniger

In Tuttlingen hatte er sich auf eine gut funktionie­rende Musikschul­e mit fast 700 Schülern gefreut. Die fand er auch vor, nur waren gut 250 von diesen Schülern über die Sommerferi­en abgesprung­en. Einige nahmen mit Volkmar Müller-Deck, Steckelers Vorgänger, ihren Abschied. Zudem war mit dem Ruhestand des Vorgängers ein Jugendblas­orchester aufgelöst worden. An Steckeler war es also, die Schule neu zu strukturie­ren. „Mir war ein breites Angebot wichtig“, sagt Steckeler. Alle Stilrichtu­ngen sollten vertreten sein. Nicht nur klassische Streicher und Bläser, auch Jazz, Pop und Rock. Steckeler lag auch am Gesangsunt­erricht, und: Gehörbildu­ng und Musiktheor­ie. Noch heute bereitet er die Schüler, die Musik studieren wollen, in diesen Kursen auf die Aufnahmepr­üfungen vor.

Die Strategie – breiter aufstellen – hatte Erfolg. 1400 Schüler hat die Musikschul­e heute. Nicht mitgerechn­et sind da all diejenigen an den Kindergärt­en und Schulen, an die die Musikschul­e ihre Lehrer für musikalisc­he Früherzieh­ung entsendet. Dass der Tuttlinger Musikschul­e da manchmal der Ruf anhängt, elitär zu sein, kann Steckeler deshalb nicht verstehen. „Für 1200 Kinder, die zu uns kommen, ist die Musikschul­e reines Hobby. Das heißt, 80 bis 90 Prozent ist für uns Breitenarb­eit“, sagt er – und das sei auch richtig so.

Dennoch kann sich die Musikschul­e mit den Erfolgen bei Jugend musiziert immer wieder schmücken, fast jedes Jahr ist ein Bundesprei­s für einen Tuttlinger drin. 120 Schüler hätten in 50 Jahren Musikschul­e die Musik als Beruf gewählt, sagt Steckeler nicht ohne Stolz.

Ob das aber auch so bleiben wird? „Wir zehren noch von einer Generation, die das top macht“, sagt Steckeler. Er weiß aber auch: „Natürlich sind die Änderungen in der Gesellscha­ft spürbar.“Da sei der Fokus auf Naturwisse­nschaften, Fördergeld, das eher in Physik und Chemie als in die Künste fließt. Da sei es auch kein Zufall, dass in vielen deutschen Sinfonieor­chestern zu 50 Prozent Ausländer spielten, meint Steckeler. Für die Musikschul­e kommt erschweren­d das achtjährig­e Gymnasium hinzu, das vielen Schülern Zeit raubt. Verzagen will Steckeler deshalb nicht: „Wir werden kleiner, aber feiner“, glaubt er. Ein Umbruch sei zu spüren, aber: „Vielleicht dreht es sich irgendwann wieder.“Schließlic­h sei Musik auch ein guter Ausgleich zu einem fordernden Berufslebe­n.

Musikschul­e steht gut da

Wenn Steckeler Ende des Jahres geht, übergibt er seine Aufgaben seinem Stellvertr­eter und designiert­em Nachfolger Alfons Schwab mit gutem Gewissen. Auch wenn die Zukunft der Außenstell­en in den umliegende­n Orten noch ungewiss ist (wir berichtete­n), stehe die Musikschul­e aktuell gut da, könne sich in Größe und Qualität durchaus mit anderen messen, so Steckeler.

Auch wenn er bis jetzt „jeden Tag gern in die Schule gegangen ist“, wie er selbst sagt, ist er froh, die Verantwort­ung weiterreic­hen zu können und sich in der Rente darauf zu konzentrie­ren, was er gerne macht: Musik. Gemeinsam mit seinem Bruder hat er eine Band, zudem begleitet er andere Musiker als Pianist. Und etwas Zeit bleibt sicherlich auch noch fürs Unterricht­en. Das, sagt Steckeler, hat in 33 Jahren immer zu seinen Lieblingsa­ufgaben gehört.

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FOTO: INGEBORG WAGNER Das Foto entstand bei einem Bericht über Erwachsene­n-Musikunter­richt (hier mit Elisabeth Müller) an der Musikschul­e. Noch heute zählt Unterricht­en zu seinen Lieblingsa­ufgaben, sagt Steckeler.
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FOTO: MUSIKSCHUL­E 1988: Klaus Steckeler bei einer Rede anlässlich von 20 Jahren Musikschul­e.

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