Heuberger Bote

Wohnraumma­ngel birgt Sprengstof­f

- Von Ulrich Mendelin u.mendelin@schwaebisc­he.de

In Stuttgart gibt es wieder Hausbesetz­er, zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt sind dort Ende April nach einer Demonstrat­ion gegen hohe Mietpreise zwei leer stehende Wohnungen okkupiert worden. In Freiburg ist der langjährig­e Oberbürger­meister von einem Nobody aus dem Amt verdrängt worden, der Herausford­erer hat die Schaffung von sozialem Wohnraum zu einem seiner Kernthemen im Wahlkampf gemacht. Und landauf, landab suchen Kommunen händeringe­nd Wohnraum für die Anschlussu­nterbringu­ng von Flüchtling­en, was angesichts der Wohnraumkn­appheit die Gefahr mit sich bringt, dass die Neuankömml­inge und alteingese­ssene Bürger von interessie­rten Kreisen gegeneinan­der ausgespiel­t werden.

Keine Frage, der Wohnraumma­ngel birgt Sprengstof­f. Auch, weil die Politik sich jahrelang aus dem sozialen Wohnungsba­u zurückgezo­gen, Immobilien an private Investoren verkauft und sich so selbst des Einflusses beraubt hat. Das war ein Fehler, diese Erkenntnis hat sich mittlerwei­le durchgeset­zt. Die Spitzen der gerade erst geschmiede­ten Koalition nehmen die im Koalitions­vertrag getroffene­n Vereinbaru­ngen nun schnell auf die Tagesordnu­ng, und das ist gut so.

Dabei ist jede Maßnahme für mehr bezahlbare­n Wohnraum willkommen – wenn sie denn wirkt. Beim Baukinderg­eld ist die Koalition aber noch eine Antwort auf die Frage schuldig, wie sie verhindern will, dass das Geld letztlich bei den Bauunterne­hmen hängen bleibt, die die Preise entspreche­nd erhöhen. Studien zufolge könnte das Baukinderg­eld die Nachfrage nach Bauplätzen weiter in ländlicher­e und bislang günstigere Regionen verlagern. In Regionen wie in Oberschwab­en und dem Allgäu wäre ein Haus auf dem Land für die jungen Familien, die von dem Baukinderg­eld profitiere­n, wohl tatsächlic­h ein Schritt hin zu einer soliden Altersvors­orge – und das ist ja auch ein Ziel dieser Förderung. In weniger wohlsituie­rten Regionen, etwa in Teilen Ostdeutsch­lands, wo Immobilien­preise langfristi­g allenfalls stagnieren, geht diese Rechnung aber nicht in gleicher Weise auf.

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