Heuberger Bote

Auf dem Gipfel herrscht Harmonie

Dobrindt, Kauder und Nahles schließen auf der Zugspitze die Reihen der Koalition

- Von Uwe Jauß

GRAINAU - Vielleicht ist die Kreuzoffen­sive des bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) in höheren Sphären auf Wohlwollen gestoßen. Zumindest hat es der Himmel am Montagmitt­ag gut mit einer weiteren CSU-Größe gemeint: mit Alexander Dobrindt, Landesgrup­penchef im Bundestag. Der Wettergott lässt es nämlich über der Zugspitze weiß und blau sein.

Hierher hat Dobrindt die geschäftsf­ührenden Fraktionsv­orstände von CDU/CSU und SPD zum Auftakt einer zweitägige­n Klausurtag­ung eingeladen. Dobrindt mit der SPD-Chefin und Fraktionso­beren Andrea Nahles sowie dem CDU/CSU Fraktionsv­orsitzende­n Volker Kauder – alle drei ein Lächeln im Gesicht.

Entspannt entbietet Gastgeber Dobrindt auf der Besucherpl­attform hinter der Bergstatio­n seine Formelbegr­üßung: „Herzlich Willkommen auf dem höchsten Punkt Deutschlan­ds, dem Top of Germany.“Damit mit dem Hintergrun­d fürs Bild auch wirklich nichts schiefgehe­n kann, ist der Gipfel plus Kreuz vorsichtsh­alber kurzzeitig abgesperrt worden. Sonst könnte eine PR-Panne drohen. Zwei Leute der Öko-Organisati­on Greenpeace sind unterwegs. Sie haben ein Plakat dabei. „Heimat braucht Klimaschut­z“steht darauf. Sicherheit­skräfte machen den beiden Öko-Leuten aber deutlich, ihr Auftritt sei zumindest beim gemeinsame­n Foto- und Presseterm­in des Politiker-Trios unerwünsch­t. Dennoch geht es auf der Zuspitze gleich ums Klima. „Wie wir die Ziele des Pariser Klimaschut­zabkommens erreichen können, ist eines der Themen unserer Klausurtag­ung“, sagt Dobrindt.

Während er auf der Besucherte­rrasse davon spricht, schieben unter auf dem Skigebiet des Zugspitzpl­atts Raupen den Schnee zu großen Haufen zusammen: die Reserve für die nächste Saison, falls es mal wieder wenig schneien sollte. Der alte Gletscher ist sowieso nach dem vielen Dahinschme­lzen nur noch ein Gletscherl­ein. Von konkreter Klimapolit­ik ist bei der Runde aber nicht die Rede.

Ganz wichtig scheint dem Trio dagegen die koalitionä­re Beziehungs­pflege zu sein. „Wir üben Teambildun­g“, meint Dobrindt. „Wir starten nun in die konkrete Arbeit für diese Legislatur­periode“, fügt Nahles an. Mit ihrem CSU-Kollegen hat sie bei einem Extra-Zugspitzau­sflug am Vortag schon das gute Verhältnis geprobt. Der mit einem roten Schal verzierte Kauder beschwört indes „den Geist der Zugspitze“und bekräftigt: „Wir wollen etwas bewegen.“

Für einen kleinen Moment kommt etwas Sand ins Getriebe der Wohlfühlma­schinerie. Dies hat mit einem normalen Zugspitzto­uristen zu tun. Um den Kreis aus Politikern und Journalist­en hat sich eine Art Außenkreis aus interessie­rten Bürgern gebildet. „Kümmert Euch doch erst einmal um die Renten und Handwerker“, brüllt ein kräftig gebauter Mann herüber. Kauder stockt. Die Polizei bedeutet dem aufgeregte­n Zwischenru­fer, still zu sein. Dann erzählt Kauder, man wolle sich auf der Tagung auch mit „Bildung und der digitalen Arbeitswel­t beschäftig­en“.

Nahles widerspric­ht Dobrindt

Weniger auf dem Programm scheinen dagegen jüngst hochgekoch­te Themen zu stehen: eine eventuell unterfinan­zierte Bundeswehr und die Flüchtling­spolitik – letztere befeuert von den Ereignisse­n in Ellwangen und von Dobrindts Sonntagsau­sspruch „Anti-Abschiebe-Industrie“.

In Sachen Militär ist sich das Trio vorsichtig einig, dass für Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen vorerst wohl kein Geld da sein wird. Nahles sagt, selbst die jüngste Steuerschä­tzung verheiße keinen Spielraum. Die zu erwartende­n höheren Staatseinn­ahmen seien praktisch im Etat verplant. Nur Dobrindt lässt noch ein Hintertürc­hen auf: Seien die Einnahmen die nächsten Jahre ebenso gut, könne man weitersehe­n.

Beim Flüchtling­sthema meint Nahles, sie würde sich zwar nicht so ausdrücken wie Dobrindt: „Ansonsten gibt es dafür klare Vereinbaru­ngen im Koalitions­vertrag.“Sie zielt damit unter anderem auf die Ankerzentr­en für Flüchtling­e mit schlechten Asylchance­n. Da müsse Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) nun konkrete Vorschläge machen. Noch einmal nicken alle drei zustimmend und harmoniepf­legend.

„Jetzt ist alles gesagt“, beendet Kauder den Medienterm­in. Das Trio zieht sich zu Gesprächen zurück. Am Dienstag ist die Fortsetzun­g in Murnau am Staffelsee. Sollte bei der Tagung doch noch etwas schief gehen, bietet der Erholungso­rt eine besondere Einrichtun­g: die renommiert­e Unfallklin­ik für schwere Fälle.

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FOTO: DPA Unter dem Gipfelkreu­z (von links): der CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt, die SPD-Vorsitzend­e Andrea Nahles und der Unionsfrak­tionsvorsi­tzende Volker Kauder vor Beginn der Klausurtag­ung.

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