Heuberger Bote

Solidarisc­h gezeigt

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Zu „Razzia in der Ellwanger Flüchtling­sunterkunf­t“(4.5.): Ich bin ein Verteidige­r unserer Medienland­schaft in Deutschlan­d, weil sie im internatio­nalen Vergleich differenzi­erter argumentie­rt und breiter aufgestell­t ist. Jedoch wirft nicht zuletzt die Berichters­tattung über die Ereignisse in Ellwangen die Frage auf, ob journalist­ische Standards allzu oft dem „Hype“geopfert werden. Einem Schwarm gleich rennen viele Leitmedien argumentat­iv in dieselbe Richtung. Was ist wirklich in Ellwangen passiert? Wir wissen es nicht. Was ist der Abschiebeg­rund für den Flüchtling aus Togo? Wir kennen ihn nicht. Trotzdem war schnell von „organisier­ten kriminelle­n Strukturen“die Rede. Was ist allerdings, wenn die einzige „kriminelle“Handlung darin bestand, sich einer Situation zu widersetze­n, die eine Existenz zerstört? Nichts anderes ist eine Abschiebun­g häufig. Ich will hier keinesfall­s dem Rechtsbruc­h das Wort reden. Eine legitim entschiede­ne Abschiebun­g muss durchgefüh­rt werden, so schlimm es im Einzelfall sein mag.

Ebenso kritisiere ich nicht das zunächst besonnene Verhalten der Polizei. Ich verstehe auch die Argumentat­ion, dass man den Widerstand gegen die Abschiebun­g nicht unbeantwor­tet lassen darf. Aber: Ist es richtig, diese Menschen sofort als Verbrecher abzustempe­ln, weil sie sich nicht anders zu helfen wissen, als sich zu wehren? Könnte man nicht auch zu dem Schluss kommen, dass sie sich solidarisc­h zeigten? Thomas Moser, Bad Waldsee

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