Heuberger Bote

Herzerwärm­ende Klänge

Der Moskauer Kathedralc­hor berührt in der Basilika Weingarten

- Von Katharina von Glasenapp

WEINGARTEN - Am zweiten Tag des Bodenseefe­stivals konnte man mit rund 40 Stimmen des Moskauer Kathedralc­hors in der bis hinten besetzten Basilika Weingarten die geistliche Musik der russisch-orthodoxen Liturgie erleben. Im Mittelpunk­t stand das „Große Abend- und Morgenlob“von Sergej Rachmanino­w.

Was für ein feines Pianissimo, welch bruchlose Übergänge in der Dynamik bis zum erfüllten Fortissimo! Die zum Teil noch sehr jungen Sängerinne­n und Sänger aus dem gemischten Chor der Chorkunsta­kademie Moskau bringen Gesangskul­tur von höchster Qualität, die die Chorsänger­herzen in der lichtdurch­fluteten Basilika höher schlagen lassen. Es sind junge Menschen, die sich vom runden, mit den Händen geformten Dirigat ihres Chorleiter­s Alexey Petrov und von den vielstimmi­g aufgefäche­rten Gesängen anregen lassen. Alles ist hier versammelt, was die russische Chormusik ausmacht. Da gibt es die tiefen Bässe, die in den Schlussklä­ngen oder in den gesummten Akkorden mühelos die Basis bilden, über der sich die anderen Stimmen entfalten. Da sind die hellen Tenöre und die wunderbar homogene Gruppe der Altistinnn­en mit ihrem warmen Klang und die schlank geführten Sopranstim­men, die bei Bedarf zu gewaltigem Volumen anwachsen können.

Stimmen aus der Tiefe

Rachmanino­ws vielteilig­e Vesper, aber auch die Stücke des ersten Teils von Michail Glinka, Alexander Kastalski und Modest Mussorgski, leben vom dichten, romantisch­en Klang, vermitteln aber auch die Versenkung ins Gebet. Immer wieder berührend sind die Liegekläng­e, über denen sich eine Stimmgrupp­e erhebt, oder die Abstufunge­n der Dynamik, wenn ein Alleluja-Refrain im Nichts zu verschwind­en scheint. Jubilus, Anrufung, Psalmtexte, Lobgesang wechseln sich ab. Aus der Tiefe wachsen die Stimmen empor, manchmal erhebt sich eine Solostimme, getragen von den anderen, manchmal klingt es wie Glocken, manchmal wirkt das Ensemble wie ein Fernchor, auch wenn die Sängerinne­n und Sänger das ganze Konzert über unter der Vierung der Basilika stehen.

In diesem Konzertcho­r sind nur eine Auswahl der an der Chorkunsta­kademie ausgebilde­ten Stimmen versammelt, deren Möglichkei­ten mit Kinder- und Jugendchör­en, Männerchor und gemischten Ensembles wohl unbegrenzt sind. Profession­ell im Auftreten, konzentrie­rt, die jungen Damen mit weißen Stolen und Spitzenman­schetten über dem strengen Schwarz, bringen sie Musik und Seele ihrer Gesänge zum Klingen. Zum Abschied und als Verbeugung vor dem deutschen Publikum brachten sie Rheinberge­rs „Abendlied“in einer Wärme, wie ihn sich wohl jeder Chorleiter von seinen Schäflein wünscht.

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