Bayuk und sein verkleideter Größenwahn
Der 26-jährige Musiker aus Tübingen zelebriert auf seinem Debüt facettenreichen Pop
BERLIN (dpa) - Magnus Hesse klingt nach Deutsch-Pop. Sagt Magnus Hesse. „Aber den mach ich ja nicht“, schiebt er schnell hinterher. Deshalb gibt sich der 26-Jährige als Künstler den etwas mystischen Namen Bayuk. Und der passt dann auch wieder zu seiner Musik. Denn die ist so traumverloren wie experimentell, und dazu so stylish wie der Sänger selbst. Jetzt ist sein Debüt-Album „Rage Tapes“erschienen.
Seinen Stil bezeichnet er als Hardcore-Pop. Soll heißen? Im Kern seien die neun Tracks auf der Platte ziemlich schlichte Pop-Songs, sagt Bayuk, die auf der Akustikgitarre entstanden sind. „Im Studio haben wir die dann größenwahnsinnig aufgeplustert.“Zuweilen ist seine Stimme verzerrt, es gibt Streicher, Handclaps, Trip-Hop- und Jazz-Anleihen. Voller Borstigkeit und Knistern sind die rätselhaften Arrangements. Oft fransen die Songs an den Rändern aus – so wie die Liebe (oder deren Ende), die sie besingen.
Der stampfende Album-Opener „Phantom Track“ist die perfekte Stimmung für eine warme Sommernacht im Freien. „Old June“(mit zauberhaft trashigem Video) ist ein berauschendes Gepucker und Blubbern, das sich irgendwo zwischen Radiohead, Alt-J und James Blake einnistet. Für „Shot Me“, mit 16 im Liebeskummer geschrieben, lässt Bayuk ein ehrliches, weltschmerzendes Teenagerherz brechen.
„Es ist verkleideter Pop“, sagt Bayuk. „Die Songs sind teilweise so melancholisch und schwermütig auf diesem Album, aber ich selbst als Typ und als Künstler bin kein Trauerkloß.“Und so zeigt er sich auch auf dem Albumcover: farbenfroh, nur wenig Bartwuchs, offene lange Haare, der Blick gedankenverloren.
Gediegen aufgewachsen ist er im schwäbischen Tübingen: humanistisches Gymnasium, Blockflöte, Cello und Klavier, Jugendsymphonieorchester, drei Geschwister. „Ich bin wohlbehütet in diesem Tübinger Kulturnest groß geworden“, sagt er. Nach seinem Studium der Literatur, Kunst und Medienwissenschaften wurde er an der Filmhochschule nicht genommen. Bei der zweiten Ablehnung sagte er zu sich: „Dann geh ich nach Berlin und zieh das Musik-Ding voll durch.“Seit Kurzem lebt er in Neukölln, dort, wohin es diejenigen zieht, die Raum für ihre Kunst brauchen.
Das Pseudonym als Versteck
Und warum nun „Bayuk“? Damit haben die amerikanischen Ureinwohner die trägen, waldreichen Sumpflandschaften an der MississippiMündung im heutigen Louisiana bezeichnet. Das Wort, so der Sänger, sei schön verschleiernd. „Ich mochte es, mich hinter einem Namen verstecken zu können und nicht eins zu eins die Person darstellen zu müssen, die ich jeden Tag bin.“Sagt Magnus Hesse. Alias Bayuk.