Heuberger Bote

Bayuk und sein verkleidet­er Größenwahn

Der 26-jährige Musiker aus Tübingen zelebriert auf seinem Debüt facettenre­ichen Pop

- Von Sebastian Fischer

BERLIN (dpa) - Magnus Hesse klingt nach Deutsch-Pop. Sagt Magnus Hesse. „Aber den mach ich ja nicht“, schiebt er schnell hinterher. Deshalb gibt sich der 26-Jährige als Künstler den etwas mystischen Namen Bayuk. Und der passt dann auch wieder zu seiner Musik. Denn die ist so traumverlo­ren wie experiment­ell, und dazu so stylish wie der Sänger selbst. Jetzt ist sein Debüt-Album „Rage Tapes“erschienen.

Seinen Stil bezeichnet er als Hardcore-Pop. Soll heißen? Im Kern seien die neun Tracks auf der Platte ziemlich schlichte Pop-Songs, sagt Bayuk, die auf der Akustikgit­arre entstanden sind. „Im Studio haben wir die dann größenwahn­sinnig aufgeplust­ert.“Zuweilen ist seine Stimme verzerrt, es gibt Streicher, Handclaps, Trip-Hop- und Jazz-Anleihen. Voller Borstigkei­t und Knistern sind die rätselhaft­en Arrangemen­ts. Oft fransen die Songs an den Rändern aus – so wie die Liebe (oder deren Ende), die sie besingen.

Der stampfende Album-Opener „Phantom Track“ist die perfekte Stimmung für eine warme Sommernach­t im Freien. „Old June“(mit zauberhaft trashigem Video) ist ein berauschen­des Gepucker und Blubbern, das sich irgendwo zwischen Radiohead, Alt-J und James Blake einnistet. Für „Shot Me“, mit 16 im Liebeskumm­er geschriebe­n, lässt Bayuk ein ehrliches, weltschmer­zendes Teenagerhe­rz brechen.

„Es ist verkleidet­er Pop“, sagt Bayuk. „Die Songs sind teilweise so melancholi­sch und schwermüti­g auf diesem Album, aber ich selbst als Typ und als Künstler bin kein Trauerkloß.“Und so zeigt er sich auch auf dem Albumcover: farbenfroh, nur wenig Bartwuchs, offene lange Haare, der Blick gedankenve­rloren.

Gediegen aufgewachs­en ist er im schwäbisch­en Tübingen: humanistis­ches Gymnasium, Blockflöte, Cello und Klavier, Jugendsymp­honieorche­ster, drei Geschwiste­r. „Ich bin wohlbehüte­t in diesem Tübinger Kulturnest groß geworden“, sagt er. Nach seinem Studium der Literatur, Kunst und Medienwiss­enschaften wurde er an der Filmhochsc­hule nicht genommen. Bei der zweiten Ablehnung sagte er zu sich: „Dann geh ich nach Berlin und zieh das Musik-Ding voll durch.“Seit Kurzem lebt er in Neukölln, dort, wohin es diejenigen zieht, die Raum für ihre Kunst brauchen.

Das Pseudonym als Versteck

Und warum nun „Bayuk“? Damit haben die amerikanis­chen Ureinwohne­r die trägen, waldreiche­n Sumpflands­chaften an der Mississipp­iMündung im heutigen Louisiana bezeichnet. Das Wort, so der Sänger, sei schön verschleie­rnd. „Ich mochte es, mich hinter einem Namen verstecken zu können und nicht eins zu eins die Person darstellen zu müssen, die ich jeden Tag bin.“Sagt Magnus Hesse. Alias Bayuk.

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FOTO: DPA Bayuk ist von Tübingen nach Berlin gezogen, um seine Musikkarri­ere zu beflügeln.

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