Ein Transfer mit Nachwehen
Matthias Sammer steht vor Gericht, weil er mit einem Spielerwechsel einen Ex-Partner getäuscht haben könnte
- Felix Uduokhai ist diese Saison einer der wenigen Lichtblicke beim VfL Wolfsburg. Sollte der Bundesligist absteigen, dürften andere Clubs ein Auge auf den 20-Jährigen werfen, der bis zum Sommer beim TSV 1860 München gekickt hat. Noch mehr Aufmerksamkeit – jedoch ungewollter Art – könnte Uduokhai bald abseits des Platzes auf sich ziehen. Denn im Sommer muss er womöglich auf ungewohntes Terrain: in den Gerichtssaal, und zwar als Zeuge in einem Prozess, in dem ein ungleich prominenterer Ex-Fußballer angeklagt ist, nämlich Matthias Sammer.
Der frühere Profi und Vorstand beim FC Bayern hat Uduokhais Wechsel von den Löwen nach Wolfsburg eingefädelt und dafür eine stattliche Summe eingestrichen. Von der wiederum fordert der Spielerberater Alderim Ramaj einen Anteil, da er sich vom Ex-Profi arglistig getäuscht fühlt. Infolge seiner Klage hat gestern die Verhandlung vor dem Landgericht München begonnen, das Sammers Erscheinen angeordnet hatte.
Tatsächlich betritt nicht nur der 50-Jährige, sondern auch seine Frau und Tochter den Saal 103 – schließlich geht es um eine Familiensache. Sammers Sohn Marvin (23) hat 2015 zusammen mit Ramaj die „Sammer Sports Scouting & Management GmbH“gegründet – Spielerberater wollten sie sein, so der Plan. Allein der Erfolg war „sehr überschaubar“, sagt Richter Martin Scholz. Konkret nahm die GmbH in gut zwei Jahren keinen einzigen Euro ein – und das, obgleich er mit Nationalspieler Leroy Sané über einen Wechsel zum FC Bayern verhandelt habe, wie Alderim Ramaj nicht ohne Stolz im Gericht erzählt.
Im Sommer 2017 verkaufte der Spielerberater seine Firmenanteile für 12 250 Euro an Matthias Sammer; die Abtretung erfolgte beim Notartermin am 26. Juni. Vier Tage später wurde Uduokhais Wechsel nach Wolfsburg bekannt – vermittelt von Matthias Sammer, abgerechnet über die GmbH. Diese Nachricht rief Ramaj auf den Plan, der sich hintergangen sieht und eine Beteiligung an der Provision verlangt. Sie habe bei branchenüblichen 14 Prozent von Uduokhais Jahresbruttogehalt gelegen, multipliziert mit der Vertragsdauer in Jahren. Auf 350 000 Euro hatte Ramaj seinen Schaden geschätzt; das Gericht legte den Streitwert nun aber auf 64 750 Euro fest.
Doch auch diese Summe will Sammer nicht bezahlen. Er sieht sich im Recht, erläutert er vor Gericht – so emotional, wort- und gestenreich, wie man ihn als Fußballer gekannt hat. Immer wieder wendet er sich direkt an den Richter, an den Kläger und sogar an die Journalisten. „Das Reden ist meine Stärke“, sagt Sammer – worauf Ramajs Anwalt halblaut ergänzt: „Vor allem das Dazwischenreden.“Sammer betont, nur er, nicht sein Sohn habe den Transfer in die Wege geleitet. Marvin habe ihn bloß begleitet und Erfahrung sammeln sollen. „Ich hätte die Scheißfirma null Komma null gebraucht“, bricht es aus Sammer heraus. Und sein Anwalt Gerhard Riedl – der Haus-und-Hof-Anwalt des FC Bayern – ergänzt in Richtung Kläger: „Herr Sammer macht die ganze Arbeit, wickelt den Transfer ab, und jetzt soll er Ihnen die Hälfte schenken? Sie wollen als Trittbrettfahrer auf diesen Erfolg aufspringen.“
Jedoch habe Sammers Sohn das Trittbrett ausgeklappt, erwidert Richter Scholz. Indem er einerseits Geschäftsführer war, seinen Vater aber andererseits bei dessen Transfergesprächen begleitete, habe er sich „in eine Grauzone begeben“. Der Richter plädiert für einen Kompromiss: „Das brüllt nach einer Einigung.“Doch auch nach einer Pause finden die Streitparteien nicht zueinander. Dabei hat Richter Scholz skizziert, wie aufwendig der Prozess werden könnte: Unter anderem müssten als Zeugen Uduokhai sowie die VfL-Funktionäre geladen werden, womöglich auch Manager anderer Clubs, bei denen der Spieler im Gespräch war.
Die nächste Verhandlung ist am 6. Juli angesetzt. Bis dahin können sich beide Seiten außergerichtlich einigen.