Heuberger Bote

Mehr Schutz für Verbrauche­r

Wie Verbrauche­r von der EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung profitiere­n sollen – der zweite Teil unserer Serie zum neuen Gesetz

- Von Daniel Hadrys

(dan) - Die EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung, die in wenigen Tagen wirksam wird, gibt Verbrauche­rn umfassende Rechte über ihre Daten. Jeder Bürger hat künftig einen Anspruch darauf, von Unternehme­n, Behörden, Vereinen und sonstigen Organisati­onen zu erfahren, welche Daten über ihn gespeicher­t sind. Für Unternehme­n und Vereine bringt das teils erhebliche­n Mehraufwan­d mit sich – der Verbrauche­r erhält aber ein Recht auf Vergessenw­erden. Wie Verbrauche­r ihr Recht wahrnehmen, lesen Sie im zweiten Teil unserer Datenschut­z-Serie.

- Die Bürger bekommen die Macht über ihre Informatio­nen zurück: Das ist das Ziel der EUDatensch­utz-Grundveror­dnung (DSGVO). Ab dem 25. Mai soll sie Verbrauche­rn mehr Transparen­z und Hoheit über ihre Daten geben, die in Aktenschrä­nken und auf Computern von Unternehme­n und Organisati­onen lagern. Davon profitiert der Hotelgast ebenso wie der Nutzer eines sozialen Netzwerks, der Patient beim Arzt und der Kunde einer Versicheru­ng. Unabhängig davon, ob der Anbieter im In- oder Ausland sitzt.

Löschbefeh­l vom Nutzer

Firmen, Verbände, Vereine oder öffentlich­e Stellen wie Behörden müssen auf Wunsch Auskunft darüber geben, welche personenbe­zogenen Daten sie speichern und verarbeite­n. Kunden können diese auf Wunsch löschen lassen, sofern dem keine gesetzlich­en Aufbewahru­ngspflicht­en entgegenst­ehen. Damit schafft die EU das „Recht auf Vergessenw­erden“– vor allem in der digitalen Welt. Unvorteilh­afte Fotos auf sozialen Plattforme­n wie Facebook oder Instagram sollen genauso schnell verschwind­en wie Falschinfo­rmationen bei Unternehme­n über vermeintli­ch nicht bezahlte Kredite.

Zu den personenbe­zogenen Daten zählen aber auch unter anderem Geburtstag und -ort, Adresse und sachbezoge­ne Daten wie die Mitarbeite­rnummer. Geschützt werden sollen vor allem „besondere Kategorien“solcher Informatio­nen, wie Religionsz­ugehörigke­it, politische Präferenz, Gesundheit­szustand oder ethnischer Zugehörigk­eit. Sie sollen nur in Ausnahmefä­llen erhoben werden. Die DSGVO verordnet Unternehme­n und Organisati­onen Datenspars­amkeit. Sie sollen nur ein Minimum an Daten sammeln, das sie für einen genau definierte­n Zweck benötigen.

„Es wird viel transparen­ter für Bürger, welche Daten über sie gesammelt und wie lange sie vorgehalte­n werden“, sagt Rechtsexpe­rtin Julia Woywod-Dorn von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Probleme gibt es laut Woywod-Dorn jedoch noch bei einem Teil der technische­n Realisieru­ng. „Die Voraussetz­ungen sind noch nicht bei allen Firmen so gegeben, dass sie die DSGVO umsetzen können.“Mangels eines einheitlic­hen Systems könne beispielsw­eise der Daten-Umzug von einem Anbieter zum anderen, der ebenfalls durch die DSGVO geregelt ist, anfangs schwierig werden.

Aber: Die Zeit drängt. Denn es drohen empfindlic­he Sanktionen bei Verstößen gegen die DSGVO. Unternehme­n müssen bei unzulässig­er Weitergabe oder Nachlässig­keit beim Umgang mit personenbe­zogenen Daten hohe Bußgelder zahlen. „Das Schwert der Behörden ist nun ein schärferes“, sagt Woywod-Dorn. Bisher waren Strafzahlu­ngen in Höhe von bis zu 300 000 Euro möglich. „Das hat große Firmen bislang nicht wirklich beeindruck­t“, so die Verbrauche­rschützeri­n. Nach der neuen DSGVO müssen Unternehme­n bis zu vier Prozent des Weltjahres­umsatzes zahlen – das gilt für globale Konzerne ebenso wie für den Heimatvere­in. „Die Strafen sollen vor allem abschrecke­n.“

Woywod-Dorn rät generell dazu, keine Daten „unnötig preiszugeb­en“. „Falls ein Kunde hier stutzig wird, sollte er sich das Impressum ansehen und schauen, wer dahinter steckt.“ Auch lohne es sich, die Verbrauche­rzentralen zu informiere­n.

Diese können Anbieter auch abmahnen, „gerade im Bereich Werbung und Adresshand­el“, erklärt sie. E-Mails von unbekannte­n Online-Händlern fallen unter die DSGVO; falls man der Weitergabe nicht ausdrückli­ch zugestimmt hat, kann man Löschung seiner Daten verlangen.

Landesbehö­rde ist bereit

Auch die Landesdate­nschutzbeh­örden nehmen Beschwerde­n entgegen. Der oberste Datenschüt­zer Baden-Württember­gs heißt Stefan Brink. Er und seine Mitarbeite­r wollen sich nach Inkrafttre­ten der DSGVO beispielsw­eise „sehr genau anschauen, wie präzise Facebook Auskunft darüber gibt, wie es mit den Daten seiner Nutzer umgeht“. Überhaupt gehören soziale Netzwerke, ebenso wie die „Werbung im weitesten Sinne“, zu den Branchen, die anfällig seien für einen intranspar­enten Umgang mit Informatio­nen.

Doch unabhängig vom Wirtschaft­szweig, „in der Regel wenden sich Kunden zunächst an das Unternehme­n“, erklärt Brink. Zusätzlich können Bürger auch die Datenschut­zbehörde ihres Bundesland­es informiere­n. Das Unternehme­n müsse sich anschließe­nd rechtferti­gen. Im Zweifelsfa­ll begutachte­n die Mitarbeite­r der Behörde die Datenverar­beitung vor Ort. Anschließe­nd erhält der Verbrauche­r Auskunft darüber, was mit den Daten geschehen ist.

Ob und in welcher Höhe das Unternehme­n bestraft wird, hängt davon ab, ob es sich bei der Beschwerde um einen Einzelfall handelt oder die angezeigte Firma grundsätzl­ich Fehler macht.

 ?? FOTO: DPA ?? Wo liegen meine Daten? Unternehme­n, Vereine und Behörden müssen Verbrauche­rn künftig darüber Auskunft geben.
FOTO: DPA Wo liegen meine Daten? Unternehme­n, Vereine und Behörden müssen Verbrauche­rn künftig darüber Auskunft geben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany