Heuberger Bote

Merkel bleibt Antworten auf Macron schuldig

Bei der Verleihung des Karlspreis­es kritisiert der französisc­he Präsident auch Deutschlan­d

- Von Andreas Herholz

Da ist er wieder. Angela Merkel schwärmt vom „Zauber Europas“, wie sie ihn im vergangene­n Jahr in der Zusammenar­beit mit Emmanuel Macron erlebt habe. Und der französisc­he Präsident strahlt. „Deine Begeisteru­ng, Dein Einsatz, Deine Courage reißen andere mit“, lobt die Kanzlerin den Präsidente­n in ihrer Laudatio dafür, dass er vor Ideen sprühe und die europapoli­tische Debatte mit neuen Vorschläge­n belebe. Sie freue sich, auf diesem Weg gemeinsam mit ihm arbeiten zu können, so Merkel. Wie dieser Weg aus ihrer Sicht aussehen soll, sagt die Kanzlerin nicht.

Deutsch-französisc­her Schultersc­hluss gestern im Krönungssa­al des Aachener Rathauses bei der Verleihung des Karlspreis­es, einem Hochamt der europäisch­en Idee und Bewegung. Doch bei der Ehrung für seine Verdienste um die europäisch­e Einigung und seiner „Vision von einem neuen Europa und der Neugründun­g des europäisch­en Projektes“, wie es in der Begründung heißt, wählt Macron deutliche Worte, kritisiert auch die deutsche Zurückhalt­ung in Sachen EU und ruft die Europäer zu Geschlosse­nheit und Aufbruch auf. „Seien wir nicht schwach!“, lautet sein eindringli­cher Appell. „Warten wir nicht zu!“, ruft er den Gästen der Preisverle­ihung zu.

Und Macron greift Merkel an, kritisiert indirekt ihren Kurs in der Europapoli­tik, drängt auf mehr Tempo und weitreiche­nde Reformen.

„Wir brauchen eine stärker integriert­e Eurozone und einen gemeinsame­n Haushalt“, erneuerte er seine Forderunge­n, sieht hier vor allem Deutschlan­d zu höheren Ausgaben für die EU gefordert und beklagt einen „Fetischism­us“der Bundesregi­erung für Haushalts- und Außenhande­lsüberschü­sse.

Mehr Europa wagen, so seine Botschaft auch an die Kanzlerin. „Europa muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen“, das fordert dann auch Merkel in ihrer Laudatio. Doch wie das gelingen soll, sagt Merkel nicht, bleibt Antworten auf Macrons Reformagen­da einmal mehr schuldig.

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FOTO: DPA Angela Merkel und Emmanuel Macron in Aachen.

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