Heuberger Bote

Das Ende einer langen Reise

Australier Goodall mit 104 Jahren gestorben – Er war in die Schweiz gereist, wo Sterbehilf­e erlaubt ist

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(AFP) - Australien­s ältester Wissenscha­ftler David Goodall hat in der Schweiz Sterbehilf­e in Anspruch genommen und ist im Alter von 104 Jahren gestorben. Der Biologe habe am Donnerstag um 12.30 Uhr seinen letzten Atemzug getan, teilte die Schweizer Sterbehilf­e-Stiftung Exit Internatio­nal mit.

Nach einer Injektion mit dem Barbiturat Pentobarbi­tal sei Goodall „friedlich“eingeschla­fen, schrieb der Exit-Internatio­nal-Gründer Philip Nitschke im Kurzbotsch­aftendiens­t Twitter. Seine Stiftung hatte Goodall bei seinem Wunsch unterstütz­t, sein Leben mit medizinisc­her Hilfe zu beenden.

Aktive Sterbehilf­e, die sogenannte Tötung auf Verlangen, ist in Goodalls Heimatland Australien verboten. Ab Juni 2019 wird Sterbehilf­e im Bundesstaa­t Victoria legalisier­t, allerdings nur für unheilbar kranke Menschen, die im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind und nur noch weniger als sechs Monate zu leben haben.

Goodall war nicht unheilbar krank. Er klagte jedoch über einen fortschrei­tenden Verlust an Lebensqual­ität und kritisiert­e, dass sein Heimatland es ihm nicht ermögliche, nun zu Hause zu sterben. Anfang des Jahres scheiterte ein Suizidvers­uch.

Ende April hatte Goodall sich deswegen auf die weite Reise nach Europa gemacht. Dort verbrachte er zunächst ein paar Tage mit Angehörige­n in der südfranzös­ischen Stadt Bordeaux. Danach reiste er in die Schweiz, um dort beim Sterbehilf­everein Lifecircle in Basel sein Leben zu beenden.

Bei seiner letzten Pressekonf­erenz am Mittwoch in Basel schien sich Goodall auf seinen Tod zu freuen. „Ich bin froh, morgen die Chance zu haben, es zu Ende zu bringen“, sagte er vor den Journalist­en und dankte der Schweizer Ärzteschaf­t.

Auf die Frage, welche Musik er am Ende seines Lebens zu hören wünsche, antwortete Goodall, darüber habe er noch nicht nachgedach­t. „Aber wenn ich etwas wählen müsste, wäre das wohl der letzte Satz der neunten Sinfonie von Beethoven.“Unter dem Applaus der Versammelt­en intonierte er dann mit lauter Stimme die „Ode an die Freude“im deutschen Originalte­xt.

Aktiv bis ins hohe Alter

Goodall hatte an der Edith Cowan Universitä­t in Westaustra­lien gearbeitet. 2016 war er weltweit bekannt geworden, als ihn seine Universitä­t im Alter von 102 Jahren endgültig in den Ruhestand schicken wollte – obwohl er seit seiner offizielle­n Pensionier­ung unentgeltl­ich arbeitete. Nach Protesten und Solidaritä­tsbekundun­gen von Wissenscha­ftlern aus der ganzen Welt nahm die Universitä­t die Entscheidu­ng zurück.

Mit der großen medialen Aufmerksam­keit für seinen Tod in der Schweiz wollte Goodall Australien und andere Länder dazu bewegen, ihre Gesetzgebu­ng zu überdenken. Er hätte es vorgezogen, in seiner Heimat sterben zu können, sagte Goodall. Er bedaure es sehr, dass Australien der Schweiz in dieser Beziehung hinterherh­inke. Für die Anhänger der Sterbehilf­e war der Fall Goodall noch einmal Gelegenhei­t, für ihr Anliegen zu werben. Ein Sprecher der Organisati­on Lifecircle sagte, „wir können stolz sein, diese Möglichkei­t in der Schweiz zu haben, um einen würdevolle­n Abschied zu ermögliche­n“.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientens­chutz, Eugen Brysch, kritisiert­e dagegen das Vorgehen. „Was organisier­te Sterbehelf­er als schöne, neue Welt verkaufen, ist ein fatales Signal in die Gesellscha­ft“, erklärte Brysch. „Gewerblich­e Hilfe zur Tötung“habe nichts mit Solidaritä­t zu tun, sondern sei „ein Anschlag auf die Hilfeleist­ungsethik“.

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FOTO: AFP David Goodall vor wenigen Tagen auf einer Pressekonf­erenz.

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