Eßlinger lehnen Windkraftanlage ab
Bürgermeister Buschle versucht, Räte zu überzeugen – Dennoch überwiegen Gegenstimmen
- Rund 50 Bürger haben sich am Dienstag in der Eßlinger Pfarrscheuer eingefunden, um der Sitzung des Ortschaftsrats beizuwohnen. Sie wurden Zeuge erneut geäußerter Bedenken gegenüber der geplanten Windkraftanlage am Winterberg und eines Plädoyers des Ersten Bürgermeisters Emil Buschle für neues gegenseitiges Vertrauen. Am Ende lehnt der Ortschaftsrat die geplante Anlage mit vier Gegenstimmen, einer Enthaltung und zwei Ja-Stimmen ab.
Seit im Jahr 2012 die Planungen für die Errichtung von fünf Windkraftanlagen auf dem Gebiet WinterbergHimmelberg-Lindenberg bekannt wurden, treibt die Eßlinger Bürger das Thema um wie kein anderes. Früh hat sich in Form der „Bürgerinitiative für ein lebenswertes Eßlingen“breiter Widerstand formiert, dem jedoch auch einige Befürworter gegenüberstehen.
In seinem Eingangsvortrag betonte Ortsvorsteher Hartmut Wanderer die Ruhe und Einzigartigkeit, die Eßlingen durch seine Lage im gesamtstädtischen Raum Tuttlingens einnehme.
Er führte an, dass diese Ruhe nicht durch äußerliche Einflüsse gestört werden dürfe. In der Bevölkerung sieht er eine breite Unterstützung: Bei der letzten repräsentativen Umfrage unter den Anwohnern hätten 70 Prozent der Befragten prinzipiell jede Form von Windkraftanlage abgelehnt. Eine Verschärfung der Situation sei durch die neu bezifferte Anlagenhöhe entstanden.
Ortsvorsteher: Viele Argumente
Die Anlagen sollen nun eine Höhe von 241 Meter erreichen und würden somit 41 Meter höher als ursprünglich angekündigt sein. Weiterhin sieht der Ortsvorsteher große Bedenken bezüglich des Artenschutzes, des Infraschalls und des Wohlbefindens der Bürger, die auch durch mögliche Pachteinnahmen nicht aufgewogen werden könnten.
Erster Bürgermeister Emil Buschle äußert Verständnis für die hervorgebrachten Argumente und Bedenken. Dennoch dürfe sich Tuttlingen als prosperierende Stadt neuen Entwicklungen nicht versperren. Buschle betont, dass er nicht zur Sitzung gekommen sei, um die Eßlinger zu überzeugen. Vielmehr hoffe er, dass gegenseitiges Vertrauen wieder aufgebaut und ein Konsens erzielt werden könne. „Ich sehe, dass Eßlingen der schönste Ortsteil Tuttlingens ist. Aber ich sage auch, Eßlingen muss an die Hand genommen werden. Große Aufgaben stehen bevor und müssen bewältigt werden“, führt Buschle aus. Um zukünftige Projekte zur Ortsentwicklung verwirklichen zu können, braucht Eßlingen Geld, das etwa durch jährliche Pachteinnahmen von 70 000 Euro generiert werden könnte. Die weitere Unterstützung Eßlingens sei nicht an die Entscheidung zur Windkraft gebunden. Es gehe aber darum über „Sowieso-Maßnahmen“hinaus zu investieren, um Eßlingen zukunftsfähig zu machen. Buschle glaubt nicht, dass sich die Eßlinger Bevölkerung darüber im Klaren ist, welche Aufgaben bevorstehen. In der Abstimmung stecke sehr viel Emotion. Zudem wusste die Bevölkerung zum Zeitpunkt des Votums nichts über die bevorstehenden Investitionspläne der Stadt Tuttlingen. Er appelliert daher an den Ortschaftsrat, „sich der Kommune und nicht Stimmungen verpflichtet zu fühlen“.
Die Mitglieder des Ortschaftsrats fühlen sich jedoch an das Votum der Bürger gebunden und lehnen eine Errichtung der Windkraftanlage mit vier Gegenstimmen, einer Enthaltung und zwei Ja-Stimmen ab. Einstimmig beschlossen wurde jedoch eine gemeinsame Besprechung mit dem Gemeinderat, der am kommenden Montag die Entscheidung des Ortschaftsrats überstimmen könnte.
Vorgestellt wurde von Wirtschaftsförderer Simon Gröger auch ein Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum. Hierfür gibt es am 14. Juni einen Beratungstag im Eßlinger Rathaus, an dem zum Thema Modernisierung von Gebäuden informiert wird.