Kritik von mehreren Ratsfraktionen
Grüne und Pro Spaichingen haben Anträge gestellt – SPD: Prozess notwendig zur Klärung
Im Pacht-Streit unzureichende Informationspolitik der Stadt beklagt.
SPAICHINGEN - Die Spaichinger Ratsfraktionen positionieren sich sehr unterschiedlich zur Pachtflächenklage der Stadt gegen die Spaichinger Bauernfamilie Reichmann (wir berichteten). Mehrere Fraktionen beklagen auch, nicht oder unzureichend informiert zu sein. Dies vor allem im Hinblick auf die Tatsache, dass ab einem Streitwert von 1000 Euro entweder Verwaltungsausschuss oder ab 5000 Euro der Gemeinderat zuständig ist. Bisher hat Bürgermeister Schuhmacher aber keines der beiden Gremien gefragt, weder im Verfahren um eine einstweilige Verfügung zum Betretungsverbot, noch zur Klage selbst, und jetzt auch nicht im Berufungsverfahren.
Im Oberlandesgericht ist die Begründung der Berufung auch noch nicht eingegangen, wie eine Sprecherin auf unsere Anfrage informiert.
Auf unsere Fragen, ob die jeweilige Fraktion informiert ist, ob sie die Vorgeschichte um ein Grundstück kennt, das der Familie zugesichert und dann ganz plötzlich an Zabo Real Estate gegangen sein soll, ob sie mit der Klage und dem Vorgehen einverstanden ist, und mehr, antwortete
Leo Grimm für die FDP am kürzesten: „Was Sie hier unten aufführen, ist reine Stimmungsmache gegen einzelne Personen mit dem Ziel, deren Namen in den Dreck zu ziehen.“Für die CDU-Fraktion schreibt
Uli Braun auf unsere Bitte um Stellungnahme zu dem Verfahren: „Wir stehen dem ganzen Sachverhalt ziemlich kritisch gegenüber und unsere Fraktion erwartet seitens der Verwaltung, für Aufklärung zu sorgen und für eine Stellungnahme in einer der nächsten Sitzungen bereit zu stehen. Wir sind nicht daran interessiert, unsere heimische Landwirtschaft und unsere Landwirte unnötig zu gefährden, und daher muss das Thema schnell für Einigkeit bei allen Beteiligten sorgen.“
Walter Thesz unterstützt das Vorgehen des Bürgermeisters für die
SPD-Fraktion: Zwar seien Rechtsstreitigkeiten in aller Regel für keinen Beteiligten eine angenehme Angelegenheit und sollten auch für Spaichingen die Ausnahme darstellen. „Im bezogenen Fall jedoch stellt dies wohl letztendlich für beide Seiten die einzige Möglichkeit dar, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit herzustellen.“Das Oberlandesgericht werde den Sachverhalt juristisch unabhängig und neutral prüfen und eine Entscheidung fällen, die dann von allen Beteiligten zu akzeptieren sei. Pro Spaichingen lehnt das gesamte Vorgehen ab. Weder habe Bürgermeister Schuhmacher informiert, noch sehe man in diesem Rechtsstreit einen Sinn oder Vorteil für die Stadt, so Fraktionsvorsitzender Holger Merkt. Es habe auch keinen hauptsatzungskonformen Beschluss über diesen Rechtsstreit gegeben. Die Familie Reichmann habe alle Gemeinderäte
über die Berufung informiert.
Auch die Fraktion der Grünen kritisiert das Vorgehen Bürgermeister Hans Georg Schuhmachers scharf: Die Fraktion habe von ihm keinerlei Informationen, „es scheint, dass Bürgermeister Schuhmacher dem Gemeinderat bewusst keine Informationen gibt“. Er missachte und ignoriere damit ganz klar den Gemeinderat der Stadt Spaichingen. Die Fraktion lehne die eigenmächtige und für Spaichingen unschöne Vorgehensweise ab, so Fraktionsvorsitzender Alexander Efinger.
„Soweit wir das nachvollziehen können, führt hier Bürgermeister Schuhmacher seinen persönlichen Rachefeldzug.“Gemeinderat Staudenmayer, der die Flächen nach einem Bieterverfahren pachten wollte, scheine ihn dabei zu unterstützen, um die Flächen selbst pachten zu können. „Allein der Anschein dieses Vorgehens ist skandalös.“
Zu bereinigen wäre die Sache durch ein aufeinander zugehen der beiden Parteien, einen ordentlichen Pachtvertrag mit der Familie Reichmann
und Schluss mit eigenmächtigen, einzelne Gemeinderäte bevorzugenden Vorgehensweisen des Bürgermeisters, und auf keinen Fall dürfe der Eindruck entstehen, dass hier ein Gemeinderat auch noch profitiere, so Efinger.
Seitens Pro Spaichingen und den Grünen gibt es einen Antrag, dass Bürgermeister Schuhmacher die Prozesskosten selbst bezahlen soll und einen weiteren auf Akteneinsicht in dem Verfahren. Heinrich Staudenmayer, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler
und in diesem Verfahren auch Partei, weil er die Flächen übernehmen wollte und zusammen mit Bürgermeister Schuhmacher im vergangenen Jahr die Bewirtschaftung einer Fläche durch die Familie Reichmann persönlich stoppte, schreibt, dass die Stadt schon immer Probleme hatte, von der Familie Reichmann Gelände zu kaufen - im Gegensatz zu allen anderen Landwirten. Außerdem würde die Familie Reichmann „erhebliche Teile städtischer Flächen zur Nutzung an andere abgeben“.
Das bestreiten Reichmanns.