Heuberger Bote

Größter Wunsch ist ein normales Leben

Elias Kohl hat eine seltene Form von Rheuma – Hoffnung liegt auf amerikanis­cher Ärztin

- Von Alexandra Schneid

- Auf den ersten Blick ist Elias ein ganz normaler neunjährig­er Junge, der gern mit Legosteine­n spielt und auf seinem Euphonium musiziert. Und doch ist „ganz viel anders“, sagt seine Mutter Bianca Kohl. Elias hat von klein auf Rheuma. Eine Spende an den Fördervere­in Föhre-Kids soll den Alltag von Kindern wie Elias erleichter­n.

Mit Freunden im Garten Fußball spielen, mit dem Fahrrad in den nächsten Ort radeln oder zur Schule laufen – solche alltäglich­en Dinge bereiten Elias Schwierigk­eiten. „Er braucht morgens eine halbe Stunde, bis seine steifen Gelenke in Bewegung sind“, berichtet seine Mutter. Oftmals schaffe er es nicht, alleine ein Schnitzel zu schneiden, und wenn er viele Hausaufgab­en zu erledigen habe, gehe das nicht ohne Pausen.

Elias ist eines von etwa 20 000 Kindern in Deutschlan­d, das Rheuma hat. Seine Gelenke und Sehnen sind entzündet. Hinzu kommen Fieberschü­be mit 40 Grad über Tage hinweg. „Dann ist gar nichts mehr möglich“, beschreibt Bianca Kohl, wie es Elias dann geht. Ein Dauerzusta­nd ist das aber nicht. Es gibt gute und schlechte Tage. Die Beschwerde­n kommen im Rhythmus von zwei Wochen und dauern mal drei Tage, mal eine Woche. Und wenn sich das Fieber nicht senken lässt, muss Elias nach Tübingen in die Kinderklin­ik.

Fieberschü­be im Kleinkinda­lter

Das schränkt den Alltag der Familie ein, zu der auch Elias’ elfjährige­r Bruder Linus gehört. „Richtig planen können wir nicht“, sagt Bianca Kohl. Ihr Mann Francis ergänzt: „Wir versuchen, das Beste draus zu machen.“Unterkrieg­en lässt sich der Neunjährig­e nicht. „Elias ist ein Kämpfer durch und durch. Er lässt sich nichts anmerken. Sein größter Wunsch ist es, ein ganz normales Kind zu sein“, berichtet seine Mutter.

Regelmäßig fehlt er in der Grundschul­e in Seitingen-Oberflacht, wo er die dritte Klasse besucht. Aber der Lehrer bringe viel Verständni­s und Geduld für Elias auf, berichtet Bianca Kohl. Aber: „Man merkt die Defizite von der ersten und zweiten Klasse“, ergänzt ihr Mann.

Dass irgendetwa­s mit dem Jungen nicht stimmt, merkten die Kohls schon als Elias noch ein Baby war. „Die Fieberschü­be begannen, als er ein knappes Jahr alt war“, erinnert sich Bianca Kohl. „Selbst Kinderärzt­e dachten nicht an Rheuma. Man hat alles abgeklopft, aber das hat man außer acht gelassen“, erzählt ihr Mann. Die Ärzte seien von einem Virusinfek­t ausgegange­n.

Als das Fieber aber nicht mehr besser wurde, wurden die Kohls an die Klinik nach Tübingen weiterverw­iesen. Nach vier Wochen bekamen sie die Diagnose: Morbus Still – eine seltene Autoimmun-Erkrankung, die Entzündung­en hervorruft. Sie betreffen sowohl Organe als auch Gelenke.

Regelmäßig­e Klinikaufe­nthalte

Bis die Diagnose gestellt war, verging fast ein ganzes Jahr. Bianca Kohl sagt, dass sie eigentlich froh gewesen seien, endlich zu wissen, wo man anpacken könne. „Aber es war auch niederschm­etternd“, fügt sie hinzu. Denn Morbus Still sei die seltenste Form von Rheuma, das den Lebensallt­ag erheblich beeinträch­tigt. Seither wird Elias im Rheumazent­rum Tübingen behandelt. Bis er auf die richtigen Medikament­e eingestell­t war, dauerte es ein halbes Jahr.

Inzwischen bekommt der Neunjährig­e alle vier Wochen über eine Infusion Antikörper, die das Immunsyste­m blockieren und somit die Entzündung­sprozesse stoppen sollen. Das bedeutet zwei Tage Klinikaufe­nthalt. Eine teure Behandlung, die derzeit die Krankenkas­se übernimmt.

Die Familie und die Ärzte glauben aber, dass die Behandlung nicht die richtige ist. „Keine Therapie hat so richtig angeschlag­en. Elias’ Beschwerde­n passen nicht in das Bild. Da muss mehr dahinterst­ecken“, vermutet Bianca Kohl und ihr Mann sagt: „Die Ärzte sagen, Elias ist austherapi­ert.“Es werde vermutet, dass die Krankheit genbedingt sei.

Hinnehmen will das die Familie nicht. Sie setzt nun ihre ganze Hoffnung in die Arbeit einer amerikanis­chen Ärztin, die Patienten mit ähnlichen Symptomen wie denen von Elias behandelt und den Neunjährig­en schon kurz untersucht hat. Eine Genuntersu­chung in Tübingen habe zwar keine Ergebnisse gebracht, aber: „In Amerika gibt es mehr Untersuchu­ngsmöglich­keiten, die in Deutschlan­d nicht zugelassen sind“, sagt Francis Kohl.

Bereits vergangene­s Jahr im Herbst wurden Elias’ Blutproben nach Amerika zur Untersuchu­ng geschickt. Eine Rückmeldun­g haben die Kohls bis heute nicht bekommen.

sagt Bianca Kohl über ihren Sohn, der an Rheuma erkrankt ist.

„Genuntersu­chungen dauern lange“, erklärt sich Bianca Kohl die lange Wartezeit. Im Mai wäre die Familie sogar nach Amerika geflogen. Doch der Termin wurde verschoben – voraussich­tlich auf Ende des Jahres.

Erst wenn die Familie den Nachweis hat, dass Elias eine seltene Genkrankhe­it hat, würde er andere Medikament­e bekommen, die die Krankenkas­se bezahlen würde, glaubt Vater Francis Kohl.

Die Familie hofft, dass mit einer neuen Therapie „alles besser“wird, sagt die Mutter, „und Elias bei normalen Dingen mitmachen kann, die für andere Kinder selbstvers­tändlich sind“.

„Elias ist ein Kämpfer durch und durch.“

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FOTO: ALEXANDRA SCHNEID Die Kohls mit Vater Francis, Mutter Bianca und den beiden Söhnen Linus (links) und Elias in ihrem Garten.
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