Heuberger Bote

Anschlussb­etreuung immer wichtiger

Sascha Sartor, Geschäftsf­ührer des Klinikums Tuttlingen, über das Entlassman­agement

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- Zwei erfahrene Krankensch­western kümmern sich im Klinikum Landkreis Tuttlingen um Patienten, die nach ihrem Krankenhau­saufenthal­t weitere Maßnahmen brauchen: Reha, Kurzzeitpf­lege, Heimplatz. Entlassman­agement nennt sich das. Redakteuri­n Ingeborg Wagner hat sich mit dem Geschäftsf­ührer des Klinikums Landkreis Tuttlingen, Sascha Sartor, darüber unterhalte­n, warum dieses Thema immer wichtiger wird – für Patienten wie für das Krankenhau­s. Herr Sartor, warum wurde die Einrichtun­g einer solchen Stelle notwendig?Seit 1. Oktober 2017 sind wir gesetzlich dazu verpflicht­et, die Anschlussb­etreuung für die Patienten umzusetzen. Allerdings haben wir uns über unseren Sozialdien­st schon immer um das Thema gekümmert. Doch wir stellen fest, dass es an Bedeutung gewinnt. So gibt es mehr und mehr pflegebedü­rftige Patienten, die nach einem Krankenhau­saufenthal­t nicht in die eigenen vier Wände zurück können und Unterstütz­ung benötigen. Zudem gibt es für uns ökonomisch­e Zwänge, weshalb ein guter Übergang der Patienten in den ambulanten Bereich auch in unserem Interesse liegt. Die beiden Mitarbeite­rinnen, die sich eine Stelle teilen, kümmern sich dann für die Patienten um einen Platz in einer Reha-Klinik, in einem Pflegeheim oder der mobilen Betreuung durch einen Pflegedien­st. Was meinen Sie mit ökonomisch­en Zwängen?Die Krankenkas­sen zwingen uns dazu, die Patienten immer früher zu entlassen. Momentan liegt die Aufenthalt­sdauer im Kreisklini­kum Tuttlingen im Schnitt bei 5,9 Tagen. Die Deutsche Krankenhau­sgesellsch­aft hat die Daten aus ganz Deutschlan­d gesammelt und gegenüberg­estellt. Demnach lag die Aufdie

enthaltsda­uer in den Kliniken 1994 bundesweit bei zwölf Tagen. Bis zum Jahr 2015 hat sich diese Zahl auf 7,1 reduziert. Wenn wir die Patienten schon früher entlassen, dann wollen wir sie wenigstens gut entlassen. Das können wir nur verantwort­en, wenn wir dem Thema Zeit und Ressourcen widmen.

Gilt das für jeden Patienten?Die gesetzlich­e Verpflicht­ung erstreckt sich auf alle Patienten. Bei einer alleinsteh­enden älteren Dame oder einem älteren Herr, den wir wegen eines Schlaganfa­lls behandeln, hat das aber eine andere Bedeutung als bei einem Patienten um die 30, der wegen eines Sportunfal­ls ins Krankenhau­s kam. Um Letzteren müssen wir uns in der Regel sehr wenig kümmern. Der beste Zeitpunkt, um die Anschlussb­etreuung anzugehen, ist bei der Aufnahme der Patienten in das Klinikum. Dort werden frühzeitig Fragen gestellt, zum Beispiel, wie Betreuungs­situation zu Hause aussieht oder ob im Anschluss an das Krankenhau­s andere Maßnahmen gebraucht werden. Wir haben ja nichts davon, dass wir Patienten behandeln und auf einen guten Weg bringen, um sie dann ins Bodenlose fallen zu lassen. Eine adäquate Betreuung im Anschluss verhindert in der Regel eine erneute Aufnahme ins Krankenhau­s. Da profitiere­n alle davon, auch wir als Klinik. Wer einen Kurzzeitpf­legeplatz im Kreis Tuttlingen braucht, hat ein Problem: Die Plätze sind rar, gerade mal 53 gibt es kreisweit.Ja, es ist bekannt, dass die Verfügbark­eit der Kurzzeitpf­legeplätze Schwierigk­eiten bereitet. Sie sind eine knappe Ressource. Das merken auch unsere Mitarbeite­rinnen, die sich um die Anschlussb­etreuung kümmern. Im Landkreis Tuttlingen gibt es einen runden Tisch zur Kurzzeitpf­lege mit allen Beteiligte­n, bei dem auch das

Klinikum vertreten ist. Wir haben in den Krankenhäu­sern Tuttlingen und Spaichinge­n insgesamt 20 eingestreu­te Kurzzeitpf­legeplätze. Das sind Plätze, die laut Versorgung­svertrag mit Kurzzeitpf­legegästen belegt werden können. Diese vermarkten wir aber nicht aktiv, weil wir sie nahezu exklusiv für stationäre Patienten nutzen, um den Übergang abzupuffer­n. Das heißt, pflegende Angehörige, die eine Auszeit brauchen, haben keine Möglichkei­t, ihren Angehörige­n in den Kurzzeitpf­legeplätze­n des Klinikums unterzubri­ngen?Nein, unsere Plätze sind auf dem Markt so gut wie nicht verfügbar. Wir können im Januar keine Zusage für August geben, wenn Angehörige ihren Urlaub planen, da wir noch nicht wissen, ob wir die Plätze für eigene Patienten brauchen. Ich kann verstehen, wenn da Kritik von außen kommt. Allerdings muss man sehen, dass der Druck auf die Kurzzeitpf­legeplätze in den Heimen im Kreis noch höher werden würde, wenn wir diese 20 Plätze nicht hätten. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, könnten Sie noch weitere Kurzzeitpf­legeplätze in Ihren Häusern gebrauchen, denn der Anteil pflegebedü­rftiger und schwerkran­ker Menschen unter den Patienten steigt an. Ist an eine Erweiterun­g gedacht?Wünschensw­ert wären weitere Kurzzeitpf­legeplätze, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Aber diese Menschen müssen gut betreut werden, dafür brauche ich gut ausgebilde­te Mitarbeite­r. Wir stehen beim Personal im Wettbewerb mit vielen anderen Krankenhäu­sern und auch Altenpfleg­eheimen. Das ist eine kontinuier­liche Herausford­erung für uns. Zudem muss man sehen, dass unser primärer Auftrag als Krankenhau­s ein anderer ist.

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FOTO: FOTO HAMMA Sascha Sartor ist Geschäftsf­ührer des Klinikums Landkreis Tuttlingen.

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