Reichsbürger im Visier des Verfassungsschutzes
30 Personen aus dem Raum Villingen-Schwenningen zählen zu diesem Milieu
(sbo) - Die Bundesrepublik Deutschland ist für sie als souveräner Staat schlichtweg nicht existent. Nicht nur deshalb werden sie vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg beobachtet. Auf der „Liste“stehen auch 30 Personen aus dem Raum Villingen-Schwenningen.
2500 so genannte „Reichsbürger“oder Selbstverwalter sind dem Verfassungsschutz in Baden-Württemberg bekannt. Pressesprecher Georg Spielberg verweist auf den Verfassungsschutzbericht des Landes, wonach diese Personen erst seit Ende November 2016 vom Verfassungsschutz verstärkt in den Blick genommen werden und man sich nach wie vor in der Bestandsaufnahme befinde. Die Dunkelziffer ist ohnehin höher, da diese Form des Extremismus häufig verdeckt stattfindet – sie verneinen die Existenz der Bundesrepublik, spinnen Verschwörungstheorien und weigern sich beispielsweise, Steuern oder Bußgelder zu bezahlen. Und auch, indem sie Repräsentanten des Staates diffamieren oder bedrohen, fallen manche Reichsbürger auf.
Häufig werden sie dem rechten Spektrum zugeordnet. Allerdings räumt der Verfassungsschutz ein, dass es keine belastbaren Erkenntnisse über ihre Bezüge zur rechtsextremistischen Szene gebe, wenngleich sich Schnittmengen mit der rechtsextremistischen Szene fänden, „insbesondere aufgrund von rassistischen, antisemitischen oder geschichtsrevisionistischen Elementen“.
Der Schwarzwald-Baar-Kreis mit seinen durchaus nennenswerten rechtsgerichteten Bewegungen und Gruppierungen dürfte daher einen nahrhaften Boden für die Reichsbürger bilden. Doch stattdessen sind im Schwarzwald-Baar-Kreis sogar unterdurchschnittlich viele Reichsbürger „registriert“: Von den 2500 Reichsbürgern im Land, die sich auf die 35 Landkreise verteilen, kommen lediglich 30 aus der hiesigen Region, erklärt Dieter Popp vom Polizeipräsidium Tuttlingen. Dass diese jedoch durchaus Einfluss nehmen können, zeigte sich für die Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen beispielsweise im vergangenen Jahr.
Das Dokument „Mutterrolle“
Denn Eigenheimer griffen im Oberzentrum verstärkt zum Telefon und forderten vom Vermessungsamt der Stadtverwaltung eine so genannte „Mutterrolle“, ein Dokument, das belegen solle, dass sie rechtmäßige Eigentümer ihrer Immobilien seien.
Vor allem zur Hoch-Zeit der Flüchtlingskrise schürten Reichsbürger Enteignungsängste bei verunsicherten und verängstigten Bürgern – den von ihnen ins Spiel gebrachten Begriff einer Mutterrolle indes hatte man bei den Behörden bis dato noch nie gehört. Bereits 2016 sorgte in Pfaffenweiler ein Schild an einem Weidezaun für Aufsehen: „Deutsches Schutzgebiet“war darauf zu lesen, darüber eine nur geringfügige Abwandlung des Reichsadlers. Der Grundstückseigentümer gab damals an, das Schild lediglich als Gag aufgehängt zu haben, im weiteren Gesprächsverlauf aber gestand er, das auch mit Blick auf „ein paar Entwicklungen hierzulande, auch im Bezug auf die Flüchtlingspolitik“getan zu haben. Das Schutzgebiet-Schild wurde zwischenzeitlich übrigens wieder von dem Weidezau entfernt.
Dass indes auch die Reichsbürger-Gesinnung für die Republik alles andere als ein auf die leichte Schulter zu nehmender Gag ist, beweist die Tatsache, dass der Verfassungsschutz den Fokus auf sie richtet.