Sánchez steht auf schwachen Füßen
Spanien steuert auf instabile Zeiten zu. Auch wenn der gestürzte konservative Partei- und Regierungschef Mariano Rajoy wegen Korruptionsskandalen schon lange angeschlagen war, die neue sozialistische Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez steht auch auf schwachen Füßen. Die Mehrheit für den Machtwechsel kam nur zustande, weil die linksalternative Protestpartei Podemos und separatistische Parteien aus Katalonien gegen Rajoy gestimmt haben. Diese werden Gegenleistungen einfordern. Neue Konflikte sind zu befürchten.
Vor allem in der ungelösten Katalonienkrise wird Sánchez beweisen müssen, dass mit ihm ein neuer Gesprächsstil in den Regierungspalast einzieht. Und dass er es ernst meint mit seinem Angebot, Brücken zum abdriftenden Katalonien zu bauen. Eine Region, die mit ihrem Wunsch nach mehr Autonomie und einem legalen Unabhängigkeitsreferendum bei Rajoy auf taube Ohren stieß. Doch auch Sánchez gilt als eiserner Verteidiger der spanischen Einheit.
Angesichts der schwierigen Mehrheitsverhältnisse könnte somit auch ein dialogfreudiger sozialistischer Regierungschef schnell an seine Grenzen stoßen. Baldige Neuwahlen sind deshalb nicht ausgeschlossen. Und damit könnte sich das politische Gleichgewicht wieder verschieben, denn die Sozialisten haben schon lange keine nationalen Wahlen mehr gewonnen.
In Umfragen liegt nicht die Sozialistische Arbeiterpartei, sondern die liberale Partei Ciudadanos (Bürger) im Aufwind, während die Sozialisten eher Einbußen zu erwarten haben. Bereits im Jahr 2016 mussten sie Federn lassen und kamen nur auf knapp 23 Prozent der Wählerstimmen. Diese Ausgangslage war der Grund, warum es Sánchez vorzog, nun per Misstrauensantrag an die Macht zu kommen und die Forderung nach sofortigen Neuwahlen ablehnte.
Immerhin kann Brüssel aufatmen, denn in Spanien sind, anders als in Italien, keine europaskeptischen Parteien in Sicht, welche für weitere Turbulenzen in der Europäischen Union sorgen könnten. Das ist, angesichts der besorgniserregenden Nachrichten aus Rom, erst einmal eine gute Nachricht.