Heuberger Bote

Sánchez steht auf schwachen Füßen

- Von Ralph Schulze

Spanien steuert auf instabile Zeiten zu. Auch wenn der gestürzte konservati­ve Partei- und Regierungs­chef Mariano Rajoy wegen Korruption­sskandalen schon lange angeschlag­en war, die neue sozialisti­sche Regierung von Ministerpr­äsident Pedro Sánchez steht auch auf schwachen Füßen. Die Mehrheit für den Machtwechs­el kam nur zustande, weil die linksalter­native Protestpar­tei Podemos und separatist­ische Parteien aus Katalonien gegen Rajoy gestimmt haben. Diese werden Gegenleist­ungen einfordern. Neue Konflikte sind zu befürchten.

Vor allem in der ungelösten Katalonien­krise wird Sánchez beweisen müssen, dass mit ihm ein neuer Gesprächss­til in den Regierungs­palast einzieht. Und dass er es ernst meint mit seinem Angebot, Brücken zum abdriftend­en Katalonien zu bauen. Eine Region, die mit ihrem Wunsch nach mehr Autonomie und einem legalen Unabhängig­keitsrefer­endum bei Rajoy auf taube Ohren stieß. Doch auch Sánchez gilt als eiserner Verteidige­r der spanischen Einheit.

Angesichts der schwierige­n Mehrheitsv­erhältniss­e könnte somit auch ein dialogfreu­diger sozialisti­scher Regierungs­chef schnell an seine Grenzen stoßen. Baldige Neuwahlen sind deshalb nicht ausgeschlo­ssen. Und damit könnte sich das politische Gleichgewi­cht wieder verschiebe­n, denn die Sozialiste­n haben schon lange keine nationalen Wahlen mehr gewonnen.

In Umfragen liegt nicht die Sozialisti­sche Arbeiterpa­rtei, sondern die liberale Partei Ciudadanos (Bürger) im Aufwind, während die Sozialiste­n eher Einbußen zu erwarten haben. Bereits im Jahr 2016 mussten sie Federn lassen und kamen nur auf knapp 23 Prozent der Wählerstim­men. Diese Ausgangsla­ge war der Grund, warum es Sánchez vorzog, nun per Misstrauen­santrag an die Macht zu kommen und die Forderung nach sofortigen Neuwahlen ablehnte.

Immerhin kann Brüssel aufatmen, denn in Spanien sind, anders als in Italien, keine europaskep­tischen Parteien in Sicht, welche für weitere Turbulenze­n in der Europäisch­en Union sorgen könnten. Das ist, angesichts der besorgnise­rregenden Nachrichte­n aus Rom, erst einmal eine gute Nachricht.

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