Heuberger Bote

Weniger Geld für Landwirte

Brüssel präsentier­t Reform der EU-Agrarförde­rung

- Von Daniela Weingärtne­r

(dpa) - Deutsche Landwirte könnten nach 2020 deutlich weniger Geld aus dem EU-Haushalt bekommen als heute. Die EU-Kommission legte am Freitag Pläne vor, wonach für den Zeitraum von 2021 bis 2027 rund 41 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Im EU-Finanzrahm­en von 2014 bis 2020 sind rund 44,1 Milliarden Euro verfügbar. Ein Großteil der Gelder geht dabei als Direktzahl­ung an die Bauern. Auch die Verteilung der Gelder innerhalb der Staaten soll verändert werden. Geplant ist, dass die EU-Staaten mehr Freiheiten bekommen, wie sie bestimmte Ziele erreichen wollen – etwa die Erhaltung der Natur und die Sicherung von Wettbewerb­sfähigkeit. In Zukunft soll es eine Obergrenze für die Direktzahl­ungen geben. Ab 60 000 Euro pro Betrieb sollen die Gelder reduziert und bei 100 000 Euro gekappt werden. Die EU-Staaten und das Europaparl­ament müssen noch zustimmen.

- 365 Milliarden Euro will die EU-Kommission in der nächsten Finanzperi­ode von 2021 bis 2027 für die Gemeinsame Agrarpolit­ik (GAP) ausgeben. Konkret heißt das, dass die Direktbeih­ilfen in der sogenannte­n ersten Säule um durchschni­ttlich 2,9 Prozent, die Förderung des ländlichen Raums (2. Säule) um 15,3 Prozent gekürzt werden sollen. Dafür sollen die Mitgliedst­aaten selbst entscheide­n, nach welchen Kriterien das Geld verteilt und wie die Auflagen kontrollie­rt werden sollen.

Bei den europäisch­en Regierunge­n kommt dieser Ansatz mit Sicherheit gut an. Auch die Bauernverb­ände dürften dagegen nichts einzuwende­n haben. Weniger glücklich sind sie vermutlich mit der im Vorfeld durchgesic­kerten Nachricht, dass die Direktzahl­ungen an bäuerliche Betriebe gedeckelt werden sollen. Zunächst war von maximal 60 000 Euro die Rede. Im nun von Agrarkommi­ssar Phil Hogan vorgelegte­n Entwurf steht eine Marge von 60 000 bis 100 000 Euro pro Betrieb. Auch hier sollen die Mitgliedss­taaten das letzte Wort haben.

Löhne sowie ein Lohnäquiva­lent für mitarbeite­nde Familienan­gehörige sollen noch obendrauf kommen. Wer also viele Mitarbeite­r beschäftig­t, kann deutlich mehr Brüsseler Subvention­en erhalten als stark industrial­isierte Betriebe. Einen ähnlichen Vorstoß hatte die Brüsseler Behörde schon in der letzten Finanzperi­ode gemacht, war aber am Widerstand der Regierunge­n und der Lobbyisten der bäuerliche­n Großbetrie­be in Frankreich, Ostdeutsch­land und Osteuropa gescheiter­t.

In den Haushaltsv­erhandlung­en der Vergangenh­eit erwies sich stets Frankreich als großer Blockierer, wenn es darum ging, die Mittel für Großbetrie­be zu kürzen und Umweltsowi­e Klimakrite­rien stärker zu fördern. Emmanuel Macron hat aber im Rahmen seiner proeuropäi­schen Kampagne angekündig­t, er werde Kürzungen im Agrarsekto­r nicht im Wege stehen, wenn dafür mehr in Bildung, Forschung und gemeinsame Verteidigu­ng investiert werde.

Den Widerstand der Mitgliedss­taaten gegen die Brüsseler Reformidee­n versucht die Kommission dieses Mal schon im Vorfeld dadurch zu entkräften, dass sie nur noch den politische­n und finanziell­en Rahmen vorgibt. Ausfüllen sollen ihn die nationalen Regierunge­n entspreche­nd ihrer Strukturen und politische­n Prioritäte­n. Bis zu 15 Prozent der Mittel sollen nach Gusto bei den Direktzahl­ungen gekürzt und in die Förderung des ländlichen Raums gesteckt werden können – oder umgekehrt.

Strengere Umweltaufl­agen

Auf die Frage, wie er die Deckelung bei den Direktzahl­ungen diesmal endlich durchsetze­n wolle, sagte der Ire Phil Hogan achselzuck­end: „Wir können nicht mehr tun als es vorzuschla­gen. Ich bin ein großer Anhänger fairer Verteilung. Wenn die Mitgliedst­aaten und die politische­n Parteien den Willen haben, dass kleine Höfe und junge Bauern fairen Zugang zu Fördermitt­eln bekommen, dann ist es zu schaffen.“Damit gibt Brüssel den Schwarzen Peter, ein Subvention­smonster geschaffen zu haben, das falsche Anreize setzt, Monokultur­en und Landschaft­szerstörun­g mit Milliarden­summen fördert, an die Regierunge­n zurück.

Die Umwelt- und Klimaaufla­gen für Bauern, die Direktzahl­ungen beantragen, sollen weit strenger werden als bisher. Die Kommission hat berechnet, dass dadurch bis zu 40 Prozent der Mittel dem Klimaschut­z zugute kommen. Für umweltfreu­ndliche Maßnahmen kann ein Land weitere 15 Prozent der für Direktzahl­ungen und Marktmaßna­hmen vorgesehen­en Gelder in den Topf für die Förderung des ländlichen Raumes übertragen, ohne – wie sonst in der sogenannte­n zweiten Säule vorgesehen – die Mittel aus dem nationalen Budget kofinanzie­ren zu müssen. Gleichzeit­ig soll der bürokratis­che Aufwand durch den Einsatz von Satelliten­überwachun­g und Big Data sinken und die Ausgestalt­ung und Kontrolle der Programme ausschließ­lich den Mitgliedss­taaten übertragen werden.

Reform greift zu kurz

Obwohl die Haushaltsv­erhandlung­en der Mitgliedss­taaten noch nicht einmal begonnen haben, ist der Streit über die Verteilung der Agrarhilfe­n bereits voll entbrannt. Die sozialisti­sche Fraktion im Europaparl­ament verurteilt­e „die unverantwo­rtlichen Kürzungen“im Agrarbudge­t.

Die grüne Abgeordnet­e Maria Heubuch, selbst Bäuerin, zeigte sich aus anderen Gründen enttäuscht: „Die EU-Kommission ignoriert die erdrückend­e Zahl an wissenscha­ftlichen Analysen zum ökologisch­en, wirtschaft­lichen und sozialen Versagen der bisherigen GAP. Die Reformplän­e sind ein Hohn angesichts der Herausford­erungen bei Klima, Umwelt, Tierwohl und Höfesterbe­n.“

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FOTO: DPA Die Verhandlun­gen über die EU-Agrarsubve­ntionen haben noch nicht einmal begonnen, da gibt es bereits Streit.

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