So sieht Italiens neue Regierung aus
Die 18 Minister der Koalition aus der Protestpartei M5S und der rechten Lega zeigen, wie unterschiedlich die Partner sind – und wie umstritten
- Fast 90 Tage hat es nach den Parlamentswahlen gedauert. Nun haben die beiden Wahlsieger, die Protestpartei Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und die rechte Lega, eine neue Regierung gebildet, die am Freitagnachmittag vereidigt wurde. Ihre Besetzung lässt erahnen, wie beide Parteien Italien in den kommenden Jahren verändern wollen.
Der Weg zur Regierungsbildung war abenteuerlich, vor allem in der vergangenen Woche. Noch am Sonntag hatte Staatspräsident Sergio Mattarella die vom designierten Regierungschef Giuseppe Conte präsentierte Ministerriege wegen eines Namens abgelehnt: Paolo Savona als Wirtschafts- und Finanzminister. Savona gilt nicht nur als EU-Kritiker, sondern als Gegner der Mitgliedschaft Italiens in der Union. Conte gab den Auftrag zur Regierungsbildung zurück, M5S und Lega schäumten vor Wut, witterten ein Komplott aus Berlin und Brüssel – und bereiteten sich auf Neuwahlen im Herbst vor. Mattarella beauftragte indes Carlo Cottarelli, einen international bekannten Finanzexperten, mit der Bildung einer Übergangsregierung. Doch dann bewegten sich M5S und Lega noch einmal – und der erneut designierte Regierungschef Conte präsentierte Staatspräsident Mattarella eine neue Ministerliste. Am Donnerstagabend stimmte Mattarella ihr dann zu.
Nun regieren zwei sehr verschiedene Koalitionspartner Italien. Während die M5S zwischen linken und rechten Positionen schwankt, ist die Lega eine nationalistische rechte Partei. Die Differenzen werden auch an den 18 Ministern der neuen Regierung deutlich, von denen nur fünf Frauen sind.
M5S-Chef Di Maio ist Vizeregierungschef, wie auch Lega-Chef Salvini. Di Maio ist gleichzeitig auch Arbeitsminister. In dieser Position will er das wichtigste Wahlversprechen seiner Partei durchsetzen, eine rund 800 Euro hohe monatliche Grundsicherung für alle Italiener. Salvini ist neben seinem Amt als Vizeregierungschef auch Innenminister. Als solcher will er den wichtigsten Punkt des Wahlprogramms seiner Partei Lega realisieren: das Ausweisen illegaler Einwanderer und das Ende Italiens als Einwanderungsland. Dafür will Salvini rund 10 000 Soldaten an die süditalienischen Küsten abkommandieren. Schon am Donnerstagabend versprach Salvini deutliche Einschnitte bei den Ausgaben für Flüchtlinge.
Der umstrittene Wirtschafts- und Finanzexperte Savona, den Staatspräsident Mattarella nicht als Finanzminister haben wollte, bekleidet nun das Amt des Ministers für europäische Angelegenheiten. Ein Ministerium ohne Budget und ohne Entscheidungsmacht.
Verschiedene Ministerien sind mit angesehenen und parteilosen Fachleuten besetzt. Wie etwa das Kultur-, Bildungs und Umweltministerium, das jetzt von dem General Sergio Costa geführt wird, der seit Jahren illegale Müllentsorgung bekämpft. Italiens neuer Außenminister ist der international bekannte Diplomat Enzo Moavero Milanesi, der in Brüssel, Paris und Berlin die EUTreue der neuen Regierung repräsentieren soll.
Ein Parteiloser als Finanzminister
Wirtschafts- und Finanzminister ist Giovanni Tria: ein Parteiloser, der sich als Hochschullehrer einen Namen gemacht hat. Tria ist nicht unbedingt ein Freund der bestehenden EU. Seit Jahren schlägt er grundlegende Reformen der EU-Institutionen vor. In seinen Zuständigkeitsbereich fällt ein zentrales Wahlversprechen der Lega: die Flat Tax, stark vereinfachte und niedrigere Steuersätze für Privathaushalte und Unternehmen.
Das Ministerium für Familie und Behinderte führt der stramm rechte Lega-Politiker Lorenzo Fontana, der die Italiener davon überzeugen will, wieder mehr Kinder zu zeugen. Umstritten ist Giulia Grillo, M5S, als Gesundheitsministerin. Grillo, die nicht verwandt ist mit M5S-Gründer Beppe Grillo, will die 2017 eingeführte Pflicht zu Impfungen gegen zehn Krankheiten abschaffen.
Am Montag wird die Regierung mit ihrer Arbeit beginnen.