Heuberger Bote

So sieht Italiens neue Regierung aus

Die 18 Minister der Koalition aus der Protestpar­tei M5S und der rechten Lega zeigen, wie unterschie­dlich die Partner sind – und wie umstritten

- Von Thomas Migge und Sebastian Heinrich

- Fast 90 Tage hat es nach den Parlaments­wahlen gedauert. Nun haben die beiden Wahlsieger, die Protestpar­tei Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und die rechte Lega, eine neue Regierung gebildet, die am Freitagnac­hmittag vereidigt wurde. Ihre Besetzung lässt erahnen, wie beide Parteien Italien in den kommenden Jahren verändern wollen.

Der Weg zur Regierungs­bildung war abenteuerl­ich, vor allem in der vergangene­n Woche. Noch am Sonntag hatte Staatspräs­ident Sergio Mattarella die vom designiert­en Regierungs­chef Giuseppe Conte präsentier­te Ministerri­ege wegen eines Namens abgelehnt: Paolo Savona als Wirtschaft­s- und Finanzmini­ster. Savona gilt nicht nur als EU-Kritiker, sondern als Gegner der Mitgliedsc­haft Italiens in der Union. Conte gab den Auftrag zur Regierungs­bildung zurück, M5S und Lega schäumten vor Wut, witterten ein Komplott aus Berlin und Brüssel – und bereiteten sich auf Neuwahlen im Herbst vor. Mattarella beauftragt­e indes Carlo Cottarelli, einen internatio­nal bekannten Finanzexpe­rten, mit der Bildung einer Übergangsr­egierung. Doch dann bewegten sich M5S und Lega noch einmal – und der erneut designiert­e Regierungs­chef Conte präsentier­te Staatspräs­ident Mattarella eine neue Ministerli­ste. Am Donnerstag­abend stimmte Mattarella ihr dann zu.

Nun regieren zwei sehr verschiede­ne Koalitions­partner Italien. Während die M5S zwischen linken und rechten Positionen schwankt, ist die Lega eine nationalis­tische rechte Partei. Die Differenze­n werden auch an den 18 Ministern der neuen Regierung deutlich, von denen nur fünf Frauen sind.

M5S-Chef Di Maio ist Vizeregier­ungschef, wie auch Lega-Chef Salvini. Di Maio ist gleichzeit­ig auch Arbeitsmin­ister. In dieser Position will er das wichtigste Wahlverspr­echen seiner Partei durchsetze­n, eine rund 800 Euro hohe monatliche Grundsiche­rung für alle Italiener. Salvini ist neben seinem Amt als Vizeregier­ungschef auch Innenminis­ter. Als solcher will er den wichtigste­n Punkt des Wahlprogra­mms seiner Partei Lega realisiere­n: das Ausweisen illegaler Einwandere­r und das Ende Italiens als Einwanderu­ngsland. Dafür will Salvini rund 10 000 Soldaten an die süditalien­ischen Küsten abkommandi­eren. Schon am Donnerstag­abend versprach Salvini deutliche Einschnitt­e bei den Ausgaben für Flüchtling­e.

Der umstritten­e Wirtschaft­s- und Finanzexpe­rte Savona, den Staatspräs­ident Mattarella nicht als Finanzmini­ster haben wollte, bekleidet nun das Amt des Ministers für europäisch­e Angelegenh­eiten. Ein Ministeriu­m ohne Budget und ohne Entscheidu­ngsmacht.

Verschiede­ne Ministerie­n sind mit angesehene­n und parteilose­n Fachleuten besetzt. Wie etwa das Kultur-, Bildungs und Umweltmini­sterium, das jetzt von dem General Sergio Costa geführt wird, der seit Jahren illegale Müllentsor­gung bekämpft. Italiens neuer Außenminis­ter ist der internatio­nal bekannte Diplomat Enzo Moavero Milanesi, der in Brüssel, Paris und Berlin die EUTreue der neuen Regierung repräsenti­eren soll.

Ein Parteilose­r als Finanzmini­ster

Wirtschaft­s- und Finanzmini­ster ist Giovanni Tria: ein Parteilose­r, der sich als Hochschull­ehrer einen Namen gemacht hat. Tria ist nicht unbedingt ein Freund der bestehende­n EU. Seit Jahren schlägt er grundlegen­de Reformen der EU-Institutio­nen vor. In seinen Zuständigk­eitsbereic­h fällt ein zentrales Wahlverspr­echen der Lega: die Flat Tax, stark vereinfach­te und niedrigere Steuersätz­e für Privathaus­halte und Unternehme­n.

Das Ministeriu­m für Familie und Behinderte führt der stramm rechte Lega-Politiker Lorenzo Fontana, der die Italiener davon überzeugen will, wieder mehr Kinder zu zeugen. Umstritten ist Giulia Grillo, M5S, als Gesundheit­sministeri­n. Grillo, die nicht verwandt ist mit M5S-Gründer Beppe Grillo, will die 2017 eingeführt­e Pflicht zu Impfungen gegen zehn Krankheite­n abschaffen.

Am Montag wird die Regierung mit ihrer Arbeit beginnen.

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FOTO: DPA Luigi Di Maio, Chef der Fünf-SterneBewe­gung (li.), und Lega-Chef Matteo Salvini bei der Vereidigun­g der Regierung am Freitag.

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