Heuberger Bote

Ein berühmter Sohn Wuppertals

Die Stadt in Nordrhein-Westfalen bereitet sich auf den 200. Geburtstag von Friedrich Engels vor, der hier 1820 zur Welt kam

- Von Frank Bretschnei­der

(epd) - Die „Ur“-Kommuniste­n und Schwergewi­chte der marxistisc­hen Theorie haben fast zeitgleich Jubiläum: In diesem Jahr feiert die Stadt Trier den 200. Geburtstag ihres berühmten Sohnes Karl Marx mit einer ganzen Reihe von Ausstellun­gen. In zwei Jahren geht es in Wuppertal weiter, wenn 2020 der 200. Geburtstag von Marx’ Weggefährt­en Friedrich Engels ansteht. In der Bergischen Stadt beginnen dazu jetzt die Planungen.

„Wir setzen Engels nicht auf einen Sockel. Wir setzen uns kritisch mit ihm auseinande­r“, gibt der Betriebswi­rt und Mit-Kurator des Engels-Jahres, Rainer Lucas, die Richtung vor, wie sich die Stadt Wuppertal mit ihrem berühmten Sohn beschäftig­en will. Bis zum Herbst soll feststehen, was genau die Stadt auf die Beine stellen will. Klar ist bereits: Es soll nicht nur Ausstellun­gen geben. Vielmehr soll die ganze Stadt mit ihrer langen Industrieg­eschichte in das Engels-Jahr eingebunde­n werden.

Engels und Wuppertal – das ist eine ganz besondere Beziehung, auch wenn es die Stadt zu Engels Zeiten genaugenom­men noch gar nicht gab. Sie wurde erst 1929 als Zusammensc­hluss der einzelnen Stadtteile gegründet. Engels kam 1820 in Barmen als Sohn eines wohlhabend­en Textilfabr­ikanten zur Welt. Damit gehörte er zum örtlichen Wirtschaft­sadel in einer Zeit, in der die damals selbststän­digen Städte Elberfeld und Barmen das Zentrum der europäisch­en Textilindu­strie waren. Das Tal der Wupper war zugleich einer der wichtigste­n Motoren der Industrial­isierung in Deutschlan­d.

Die wirtschaft­liche Geschichte Wuppertals ist untrennbar mit Engels Werdegang und seiner ökonomisch­en Kritik verbunden. Der junge Engels konnte sich nicht mit den Bedingunge­n des damaligen Unternehme­rtums anfreunden.

Während seiner Tätigkeit im väterliche­n Zweiggesch­äft im britischen Manchester erlebte er die menschenun­würdigen Lebensverh­ältnisse der englischen Industriea­rbeiter, die er dann in seiner Schrift „Die Lage der arbeitende­n Klasse in England“festhielt. Seine kommunisti­sche Überzeugun­g wuchs immer mehr: In einer weiteren Schrift „Umrisse zu einer Kritik der Nationalök­onomie“skizzierte er die Rolle des Industriep­roletariat­s beim Aufbau einer kommunisti­schen Gesellscha­ft der Zukunft.

In Paris traf er 1844 erstmals mit Karl Marx zusammen, mit dem ihn eine lebenslang­e Freundscha­ft und Zusammenar­beit verband, aus der der wissenscha­ftliche Sozialismu­s hervorging. Im gemeinsam verfassten „Kommunisti­schen Manifest“umrissen die beiden 1848 die Grundthese­n des Marxismus und hoben besonders den Klassenkam­pf und die internatio­nale Solidaritä­t der Arbeitersc­haft hervor. Engels ließ seinem Freund Marx, der einen bürgerlich­en Lebensstil durchaus zu schätzen wusste und schon deshalb sehr häufig völlig pleite war, regelmäßig Geld zukommen. Nach Marx’ Tod im Jahr 1883 kümmerte sich Engels um die Herausgabe des zweiten und dritten Bandes des „Kapital“.

Einen „Engels'schen Esprit“möchte der Chef des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie, Uwe Schneidewi­nd, zum Jubiläumsj­ahr in die Stadt holen. Das Engels-Jahr sei nämlich auch die Chance, die industrieg­eschichtli­che Signatur der Stadt in der Außenwahrn­ehmung zu verankern. „Wir müssen Wuppertals historisch­e Gebäudesub­stanz mit einbeziehe­n“, ist auch Kulturdeze­rnent Mathias Nocke überzeugt.

Vor diesem Hintergrun­d soll im Engels-Jahr auch Engels’ Geburtshau­s in neuem Glanz erstrahlen und wird dafür derzeit saniert. Das Haus gehört zum Historisch­en Zentrum, direkt nebenan ist das Museum für Frühindust­rialisieru­ng in zwei Industrieb­auten aus der Wende vom 19. zum 20. Jahrhunder­t untergebra­cht. Ein Glasbau soll in zwei Jahren beide Gebäudetei­le miteinande­r verbinden.

Als Denkmal ist Engels nah am Historisch­en Zentrum schon seit 2014 in Form einer überlebens­großen Bronzestat­ue präsent. Sie zeigt einen ältlichen Engels, obwohl dieser nur als junger Mann in Barmen lebte und 1895 in London starb. Das Kunstwerk ist ein Geschenk aus China – jenem Land, das die Symbiose aus Kapitalism­us und kommunisti­schem Überbau aus der Taufe gehoben hat.

Die Statue hat Wuppertal einen Zuwachs an chinesisch­en Touristen gebracht, die die Stadt natürlich auch für das Engels-Jahr im Blick hat – aber nicht allein: „Wir werden hoffentlic­h viele Gäste haben, nicht nur aus China, sondern aus der ganzen Welt“, hofft Kurator Lucas.

„Wir setzen Engels nicht auf einen Sockel. Wir setzen uns kritisch mit ihm auseinande­r.“Rainer Lucas, Mit-Kurator des Engels-Jahres

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FOTOS: DPA Marx-Engels-Denkmal in Berlin: Nicht nur hier, sondern weltweit fotografie­ren vor allem chinesisch­e Touristen die Revolution­äre.
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In der ehemaligen Fabrik der Familie Engels in Wuppertal befindet sich heute das „Art Fabrik & Hotel“.

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