Heuberger Bote

Geboren im falschen Körper

Schornstei­nfegerin Eve Hauck war einst ein Mann

- Von Richard Moosbrucke­r

WEHINGEN - Schornstei­nfeger sollen ja bekanntlic­h Glück bringen. Eve Hauck, die früher mal Uwe hieß, ist Schornstei­nfegerin und betreut unter anderem die Haushalte in der Gemeinde Wehingen und Umgebung. Eve Hauck ist transsexue­ll – im männlichen Körper lebt ein weibliches Inneres.

Öffnet man die Tür, ist man zunächst einmal überrascht über die nicht gewöhnlich­e Erscheinun­g: lange Haare zu einem Knoten auf dem Kopf gebunden, geschminkt­e Augenparti­en, zahlreiche Piercings an der Unterlippe, überlange schwarze Fingernäge­l, Riesenohrr­inge, tätowierte Arme, auch der Hals ist spinnennet­zartig tätowiert. Alles in allem denkt niemand daran, dass sich hinter dieser ungewöhnli­chen Fassade der handwerkli­che Beruf eines Schornstei­nfegers verbirgt. Und doch stimmt es. Eve Hauck nimmt den Beruf ernst und hat Spaß daran.

Eve Hauck ist gerne bereit, über sich zu erzählen, was leider in unserer Gesellscha­ft nicht immer konfliktfr­ei möglich ist. 44 Jahre alt ist sie, die man ihr nicht ansieht. „Ich hab mich halt gut g`halta“, sagt sie und lächelt, während sie den Kehrbesen durch den Kamin zieht. „Mein Bruder ist auch Kaminfeger in Radolfzell und hat mich vom Beruf des Schornstei­nfegers überzeugt.“„Transsexua­lität ist“, sagt Eve Hauck, „eine anerkannte Krankheit. Man ist praktisch im falschen Körper geboren und es kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo man merkt, dass etwas nicht in Ordnung ist“. Im Elternhaus habe man dieses Anderssein „verdrängt“, aber im berufliche­n Alltag sei es nicht so präsent.

Irgendwie habe in ihr immer der Gedanke geschlumme­rt, etwas zu unternehme­n, daher den Weg zum Psychologe­n gesucht, der sie jetzt auch betreue und dahingehen­d unterstütz­e, sich einer Geschlecht­sumwandlun­gsoperatio­n zu unterziehe­n. Von Gesetzes wegen sei diese psychologi­sche Betreuung auch vorgeschri­eben, um sich letzten Endes ganz sicher zu sein, dass man dies wolle. Jetzt sei sie auf dem richtigen Weg.

Der erste Schritt sei die Namensände­rung gewesen, die beim Amtsgerich­t in Ravensburg beantragt werden musste und jetzt „durch“sei, sagt Eve Hauck. Die geschlecht­sangleiche­nde Operation sei beantragt und soll im kommenden Jahr über die Bühne gehen.

Während Eve Hauck sich schon längst über Körper und Gefühle im Klaren ist, tut sich die Umgebung oft noch schwer mit der Vorstellun­g, dass es so etwas gibt und, was noch wichtiger ist, dass man so etwas auch anerkennen und verstehen lernen muss. Damit tue sich unsere Gesellscha­ft noch etwas schwer. Eve Hauck ist sich sicher, dass der von ihr eingeschla­gene Weg richtig ist. Auch ihr Chef stehe 100 Prozent hinter ihr.

Und wenn man Umgangsfor­men und Beruf in den Vordergrun­d stellt, kommt man zu der Überzeugun­g, dass Eve Hauck ein ganz normaler, sympathisc­her Mensch ist, der sich nichts mehr wünscht, denn als solcher akzeptiert zu werden.

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FOTO: RICHARD MOOSBRUCKE­R Eve Hauck fällt auf in Wehingen und Umgebung.

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