„Wir müssen mit dem Elefanten reden“
Carl Naughton spricht zum Thema Wandel und Veränderung in der Angerhalle
- „Switch - Wie Welt und Wandel in unseren Kopf kommen“ist der Titel des Vortrags, den Dr. Carl Naughton in der Reihe „Die Erfolgsmacher“von Schwäbisch Media am Donnerstag, 7. Juni, in Möhringen hält. Redakteurin Ingeborg Wagner unterhielt sich mit dem Linguisten und pädagogischen Psychologen.
Herr Naughton,warum fällt es uns so schwer, etwas zu verändern?
Das ist eine Frage, die viele Antworten haben kann. Veränderungen, die wir uns selbst aussuchen, gehen wir in der Regel gerne an und nehmen auch Ungemach in Kauf. Aber dann gibt es ja noch die Veränderungen, die wir uns nicht zu 100 Prozent ausgesucht haben. Zum Beispiel, wenn der Arzt sagt, bewege Dich mehr und iss bewusster. Dann deckt sich das nicht eins zu eins mit dem, was ich mir wünsche, zum Beispiel „Essen, was mir schmeckt“und „Auf dem Sofa sitzen“.
Wie kann man trotzdem Veränderung hinbekommen?
Indem ich mir klar mache, welcher Teil von mir solche Veränderungen vorantreibt. Wir arbeiten dabei mit dem Beispiel eines Reiters, der auf einem Pferd sitzt. Das Pferd sind die eigenen Gewohnheiten, die Gelüste und das Vergnügen beim Essen und Auf-dem-Sofa-Sitzen. Der Reiter kann seinem Pferd einige Zeit lang seinen Willen aufzwängen, aber irgendwann ist er ermattet. Dann geht das Pferd wieder die Wege, die es kennt. Unsere Kräfteverhältnisse sind aber eher noch ungünstiger: Als würde ein Reiter einen Elefant lenken.
Was also tun mit Pferd und Elefant?
Um Veränderungen umzusetzen, müssen wir mit dem Elefanten reden. Ihm zeigen, dass wir im Grunde schon auf einem neuen Pfad unterwegs sind. Das Neue ist also das Vertraute.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Kollegen haben das mit Menschen getestet, die im Hotelgewerbe arbeiten. Zwei Gruppen gab es: Gruppe A haben sie anhand von kurzen Infos aufgezeigt, was die Vorteile von Sport sind und dass sie durch die tägliche Arbeit im Hotel so viel körperliche Bewegung haben, dass sie diese Vorteile schon erleben. Gruppe B wurde das nicht vermittelt. Das Ergebnis war, dass die erste Gruppe nach einigen Wochen im Schnitt vier Pfund verloren hatte. Bei der anderen Gruppe gab es diese Veränderung nicht. Allein das Wissen darum, dass man das Richtige schon tut, legt den Schalter um, sich weiter in diese neue Richtung zu bewegen. Es ist die Technik, das Bekannte im Neuen zu suchen, indem das Gerät aufzeigt, wie viel man im Grunde schon tut. Nur: Das funktioniert nicht bei jedem. Nehmen Sie Taxifahrer.
Was machen Sie in diesem Fall?
Es gibt niemals die eine Lösung für alle. Wenn der Taxifahrer nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommt und den Kühlschrank öffnet, dann denkt er nicht mehr daran, sich gesund zu ernähren. Er ist ausgelaugt und müde und greift sich das, was vorne liegt. Also haben wir an einer kleiner Stellschraube gedreht und den Mann gebeten, morgens vor der Arbeit, wenn er noch fit ist, gesunde Karotten nach vorne zu legen. Diese Technik zielt darauf ab, der Bequemlichkeit etwas beizuordnen, das dem Verhalten dienlich ist.
Wie oft verändern Sie sich?
Das ist sehr unterschiedlich. Beruflich gibt es immer wieder dieses Phänomen, dass ich Lust habe, dazuzulernen. Das geschieht aus mir selbst heraus, da ich von Natur aus eine besonders große Offenheit für neue Erfahrungen habe. Privat habe ich vor zwei Jahren den Motorradführerschein gemacht, obwohl ich davor noch nicht einmal auf einem Motorroller saß. Mittlerweile denke ich darüber nach, das Auto abzuschaffen und nur noch Motorrad zu fahren.
Haben Sie noch Tipps für Menschen, die Neues angehen wollen?
Ja: Woop. Das ist ein Akronym und steht für Wish, Outcome, Obstacle und Plan. Auf Deutsch: Es geht nicht nur darum, das Ziel klar zu sehen, sondern auch, die möglichen Hindernisse aufzuzeigen und mir rechtzeitig einen Plan zu überlegen, wie ich es umgehen werde, wenn sie tatsächlich auftauchen.