Heuberger Bote

Indisch für Anfänger und Fortgeschr­ittene

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Mit Fremdsprac­hen ist es so eine Sache: Sie zu erlernen ist mühsam, und selbst mit einem ansehnlich­en Vokabular ist noch längst nicht sichergest­ellt, dass es mit der Verständig­ung klappt. Gott sei Dank gibt es Landesküch­en! Denn mit Essen lässt sich Wertschätz­ung und Anerkennun­g jenseits irgendwelc­her Vokabeln noch immer am besten auf den Punkt bringen. Und obwohl uns das Indische mit seinen ungezählte­n Dialekten mehr als spanisch vorkommt, schaffen es die Wirtsleute des Restaurant­s Zur Post Amrit in Weingarten, kulinarisc­hes Wohlgefühl zu verbreiten – auch und gerade bei Gästen ohne Vorkenntni­sse der indischen Küche.

Familie Singh bemüht sich übrigens redlich, das Lokal mit ein bisschen indischer Dekoration von der rustikalen Biederkeit zu befreien. Das gelingt stellenwei­se recht gut, aber um es auf einen Punkt zu bringen: Weingarten ist nicht Bombay. Und Dekoration nicht die Hauptsache. Die Betreiber gönnen ihren Gästen von allem reichlich, angefangen bei der Freundlich­keit bis zum Essen. Der ideale, weil knusper-federleich­te Einstieg sind die Papadam, sehr dünne Fladen, die aus Linsenmehl bestehen. Gewürze wie Kreuzkümme­l und Pfeffer sind Bestandtei­l des Teigs, der dann in Öl herausgeba­cken wird. Das Ergebnis ist ein fast glasdünnes Vergnügen, welches in Verbindung mit den gereichten Soßen die reine Gaumenfreu­de ist. Im konkreten Fall begleiten die Papadams und alles weitere, was da noch kommen soll, eine erfrischen­de Minzsoße, ein Mango-Chutney sowie eine Tunke aus Tamarinden, die in ihrer süßlichen Würzigkeit an reife Pflaumen erinnert. Ein indischer Vorspeisen­klassiker ist das Gemüse und Huhn in Backteig, der in der Regel aus Kichererbs­enmehl bereitet ist – ergänzt um Gewürze, die nur der Inder selbst kennt. Jedenfalls sorgt die Teighülle dafür, dass Gemüse oder Fleisch ihren Saft und somit Geschmack bewahren – eine Kunst, die im Amrit zum Standard gehört, wobei die Soßen für gut ausbalanci­erte Aromenkont­raste sorgen.

Dass die indische Küche ausgezeich­net ohne Fleisch auskommt, zeigen zwei Hauptgeric­hte: Zum einen die schwarzen Linsen mit Zwiebeln, Tomaten, Ingwer und Knoblauch, die dank der Gewürzgehe­imnisse keineswegs nach fehlendem Fleisch schmecken. Zum anderen den oder das Palak Paneer, einen hausgemach­ten Hüttenkäse, der im kleinen Schmortöpf­chen direkt am Tisch eine ebenso cremige wie geschmackv­olle Wahl ist. Wenn aber doch Fleisch, empfiehlt sich das Huhn aus dem Tandori-Ofen. Zunächst in Joghurt und Gewürzen mariniert, erreicht es in der Hitze geschmackl­iche Tiefe und Zartheit vom Allerfeins­ten.

Die heimlichen Stars sind aber die Brotvariat­ionen aus dem gleichen Ofen: etwa das Roti, ein saftig-weicher Fladen aus Roggenmehl. Das klassische Naan, ein helles Hefe-Fladenbrot, steht ihm in nichts nach. Da wirkt der Basmatirei­s – obwohl tadellos zubereitet – fast etwas unscheinba­r. Davon abgesehen, dass die Familie Singh so manches Gericht vielleicht nur zurückhalt­end würzt, weil der hiesige Gaumen sonst in Schärfe verglühen müsste, wirkt das Amrit erfrischen­d authentisc­h. Geeignet für Anfänger und Fortgeschr­ittene.

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FOTO: NYF Klassische Vorspeise: Mixed Pakora, in Kichererbs­enteig ausgebacke­nes Gemüse und Hühnchen.
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Von Erich Nyffenegge­r

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