Von Sanierungen bis Sonstiges
Einmal im Jahr debattiert und entscheidet die Wohnungseigentümerversammlung über die Belange ihrer Anlage
ald beginnt die Saison der Eigentümerversammlungen. Auf den jährlichen Sitzungen bestimmt die Gemeinschaft der Wohnungsbesitzer, was wie in den Erhalt ihrer Immobilie investiert wird. Das Wohnungseigentumsgesetz legt fest, dass die Versammlung sich mindestens einmal im Jahr trifft. Mit einem Drei-Stufen-Plan bringen Eigentümer das Treffen gut über die Bühne.
1. Planen, lesen, überlegen:
Eigentümer erfahren den Termin der Veranstaltung aus der Einladung. Die verschickt der Verwalter. Er legt auch das Datum fest. Für die Uhrzeit existieren rechtliche Vorgaben. Demnach darf es frühestens um 15.00 Uhr losgehen, damit arbeitende und von auswärts kommende Eigentümer teilnehmen können. Ferienzeiten sind nicht erlaubt.
Bei Terminproblemen können Eigentümer schriftlich einen Vertreter bevollmächtigen. Es sollte jemand Vertrautes sein. „Damit der Vertreter bei Abstimmungen im Sinne des Eigentümers entscheidet“, erläutert Steffen Haase, Sprecher des Dachverbands deutscher Immobilienverwalter (DDIV). Manche Teilungserklärungen beschränken den Kreis auf Verwandte ersten Grades, Miteigentümer und Verwalter. Anwälte sind ausgeschlossen.
Typische Punkte der Tagesordnung sind der Rechenschaftsbericht des Verwalters, die Genehmigung der Hausgeldabrechnung, der Wirtschaftsplan für das Folgejahr, Sanierungen und Beiratswahl. Wichtig: Die Versammlung „darf nur über Dinge abstimmen, die auf der Agenda ausgewiesen sind“, sagt der auf WEG-Recht spezialisierte Anwalt Michael Eggert aus Dresden. Ansonsten sind Beschlüsse unwirksam.
Wichtige Themen wie etwa das Umwandeln eines Spielplatzes in einen Parkplatz dürfen nicht unter dem Sammelsurium „Sonstiges“versteckt sein – anders als etwa die Frage roter oder weißer Geranien.
Vor der Versammlung ist daher lesen angesagt. Und nachdenken: Wie entscheide ich mich? Für oder gegen höheres Hausgeld, für neue Fahrradständer, gegen Ladestationen für Elektro-Autos?
Wohnungsbesitzer können eigene Anliegen auf die Agenda bringen. Ansprechpartner ist der Verwalter, die Frist steht in der Einladung. Diese muss klar formuliert sein, damit Eigentümer sich vorbereiten können, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) (Az.: V ZR 96/10). Bei Unklarheiten sollten vorab Erläuterungen vom Verwalter angefordert werden, meint Haase.
2. Lage peilen und entscheiden:
Auf den Versammlungen menschelt es. Neuen Wohnungsbesitzern empfiehlt Corinna Mercyn vom Bündnis für Wohneigentum, „sich zu verhalten wie im neuen Job: nicht alles sofort umkrempeln, nicht auftrumpfen, sondern beobachten, wie es läuft“. So lasse sich herausfinden, wer auf einer Linie liegt und mit wem Allianzen möglich sind, um eigene Anliegen durchzusetzen. Hilfreich sei es auch, Kontakte zu anderen Eigentümern schon im Vorfeld zu knüpfen.
Alteigentümer besitzen einen Wissensvorsprung. Den gleichen Anfänger aus, indem sie „mindestens von drei vorhergehenden Versammlungen die Protokolle vom Verwalter anfordern“. Sie sollten außerdem die Teilungserklärung und die Beschlusssammlung dabeihaben. In die eine wird bei Streitigkeiten geschaut. Die andere dient der Kontrolle, ob der Verwalter die Beschlüsse der Eigentümer umsetzt.
Zu Beginn der Versammlung stellt der Verwalter die Beschlussfähigkeit fest. Das Quorum ist in der Teilungserklärung geregelt. Wird es nicht erreicht, platzt die Versammlung. Wann sie wiederholt wird, steht ebenfalls in der Teilungserklärung.
In manchen Anlagen hat jeder Eigentümer unabhängig von der Zahl seiner Wohnungen eine Stimme. Die Mehrheit der Anwesenden zählt – auch bei Beschlüssen. In anderen Anlagen heißt die Stellgröße Miteigentumsanteil.
Beschlussfähig ist die Versammlung, sobald die Mehrheit der Anteile vertreten ist. Diese kann in der Hand eines einzigen Wohnungsbesitzers liegen. Fehlen diese Anteile, geht der Rest der Eigentümer unverrichteter Dinge nach Hause. Ein weiterer Haken: Der Besitzer der meisten Miteigentumsanteile kann in der Versammlung sämtliche Beschlüsse blockieren. „Gegen den geht dann nichts“, erläutert Eggert.
Die Beschlüsse – egal ob es um Blumenbeete, um Parkplätze oder den Einbau von Aufzügen geht – binden jeden Eigentümer. Unabhängig davon, ob er auf der Versammlung war oder nicht.
Üblich ist, dem Verwalter Entlastung zu erteilen. Das ist aber eine freiwillige Übung. „Das Gesetz sieht das nicht vor“, stellt Eggert klar. Er rät davon ab: „Entstehen der Gemeinschaft Mehrkosten, weil der Verwalter Beschlüsse nicht umsetzt, haftet sie für die Kosten, weil sie ihn entlastet hat.“Auch DDIV-Sprecher Haase hält juristisch wenig von der Entlastungspraxis: „Das ist wie der Schlussapplaus im Theater.“
Der Verwalter protokolliert die Sitzung. Teilnehmer dürfen eigene Notizen anfertigen. Mitschnitte per Handy und anderen Aufzeichnungsgeräten sind nicht erlaubt. „Heimlich machen ist eine Straftat“, warnt Eggert. Weil das Treffen nicht öffentlich ist, bleiben Kinder, Freunde, Verwandte und Berater wie Anwälte und Architekten in der Regel draußen.
3. Prüfen, protestieren, zurücklehnen:
Nach der Sitzung fertigt der Verwalter das Protokoll an. Bei Fehlern bitten Eigentümer den Verwalter um Korrektur. Wer Beschlüsse anfechten will, hat einen Monat Zeit. Die Frist läuft vom Tag der Versammlung an, nicht ab Erhalt des Protokolls. Ein weiterer Monat bleibt zum Begründen.
Ohne Beanstandungen können Eigentümer auf das nächste Meeting warten. Übrigens: Eigentümerversammlungen finden grundsätzlich analog statt. Virtuelle Treffen sieht das fast 70 Jahre alte WEG-Gesetz nicht vor. Sie wären folglich unzulässig. (dpa)