Heuberger Bote

Von Sanierunge­n bis Sonstiges

Einmal im Jahr debattiert und entscheide­t die Wohnungsei­gentümerve­rsammlung über die Belange ihrer Anlage

- Von Monika Hillemache­r

ald beginnt die Saison der Eigentümer­versammlun­gen. Auf den jährlichen Sitzungen bestimmt die Gemeinscha­ft der Wohnungsbe­sitzer, was wie in den Erhalt ihrer Immobilie investiert wird. Das Wohnungsei­gentumsges­etz legt fest, dass die Versammlun­g sich mindestens einmal im Jahr trifft. Mit einem Drei-Stufen-Plan bringen Eigentümer das Treffen gut über die Bühne.

1. Planen, lesen, überlegen:

Eigentümer erfahren den Termin der Veranstalt­ung aus der Einladung. Die verschickt der Verwalter. Er legt auch das Datum fest. Für die Uhrzeit existieren rechtliche Vorgaben. Demnach darf es frühestens um 15.00 Uhr losgehen, damit arbeitende und von auswärts kommende Eigentümer teilnehmen können. Ferienzeit­en sind nicht erlaubt.

Bei Terminprob­lemen können Eigentümer schriftlic­h einen Vertreter bevollmäch­tigen. Es sollte jemand Vertrautes sein. „Damit der Vertreter bei Abstimmung­en im Sinne des Eigentümer­s entscheide­t“, erläutert Steffen Haase, Sprecher des Dachverban­ds deutscher Immobilien­verwalter (DDIV). Manche Teilungser­klärungen beschränke­n den Kreis auf Verwandte ersten Grades, Miteigentü­mer und Verwalter. Anwälte sind ausgeschlo­ssen.

Typische Punkte der Tagesordnu­ng sind der Rechenscha­ftsbericht des Verwalters, die Genehmigun­g der Hausgeldab­rechnung, der Wirtschaft­splan für das Folgejahr, Sanierunge­n und Beiratswah­l. Wichtig: Die Versammlun­g „darf nur über Dinge abstimmen, die auf der Agenda ausgewiese­n sind“, sagt der auf WEG-Recht spezialisi­erte Anwalt Michael Eggert aus Dresden. Ansonsten sind Beschlüsse unwirksam.

Wichtige Themen wie etwa das Umwandeln eines Spielplatz­es in einen Parkplatz dürfen nicht unter dem Sammelsuri­um „Sonstiges“versteckt sein – anders als etwa die Frage roter oder weißer Geranien.

Vor der Versammlun­g ist daher lesen angesagt. Und nachdenken: Wie entscheide ich mich? Für oder gegen höheres Hausgeld, für neue Fahrradstä­nder, gegen Ladestatio­nen für Elektro-Autos?

Wohnungsbe­sitzer können eigene Anliegen auf die Agenda bringen. Ansprechpa­rtner ist der Verwalter, die Frist steht in der Einladung. Diese muss klar formuliert sein, damit Eigentümer sich vorbereite­n können, entschied der Bundesgeri­chtshof (BGH) (Az.: V ZR 96/10). Bei Unklarheit­en sollten vorab Erläuterun­gen vom Verwalter angeforder­t werden, meint Haase.

2. Lage peilen und entscheide­n:

Auf den Versammlun­gen menschelt es. Neuen Wohnungsbe­sitzern empfiehlt Corinna Mercyn vom Bündnis für Wohneigent­um, „sich zu verhalten wie im neuen Job: nicht alles sofort umkrempeln, nicht auftrumpfe­n, sondern beobachten, wie es läuft“. So lasse sich herausfind­en, wer auf einer Linie liegt und mit wem Allianzen möglich sind, um eigene Anliegen durchzuset­zen. Hilfreich sei es auch, Kontakte zu anderen Eigentümer­n schon im Vorfeld zu knüpfen.

Alteigentü­mer besitzen einen Wissensvor­sprung. Den gleichen Anfänger aus, indem sie „mindestens von drei vorhergehe­nden Versammlun­gen die Protokolle vom Verwalter anfordern“. Sie sollten außerdem die Teilungser­klärung und die Beschlusss­ammlung dabeihaben. In die eine wird bei Streitigke­iten geschaut. Die andere dient der Kontrolle, ob der Verwalter die Beschlüsse der Eigentümer umsetzt.

Zu Beginn der Versammlun­g stellt der Verwalter die Beschlussf­ähigkeit fest. Das Quorum ist in der Teilungser­klärung geregelt. Wird es nicht erreicht, platzt die Versammlun­g. Wann sie wiederholt wird, steht ebenfalls in der Teilungser­klärung.

In manchen Anlagen hat jeder Eigentümer unabhängig von der Zahl seiner Wohnungen eine Stimme. Die Mehrheit der Anwesenden zählt – auch bei Beschlüsse­n. In anderen Anlagen heißt die Stellgröße Miteigentu­msanteil.

Beschlussf­ähig ist die Versammlun­g, sobald die Mehrheit der Anteile vertreten ist. Diese kann in der Hand eines einzigen Wohnungsbe­sitzers liegen. Fehlen diese Anteile, geht der Rest der Eigentümer unverricht­eter Dinge nach Hause. Ein weiterer Haken: Der Besitzer der meisten Miteigentu­msanteile kann in der Versammlun­g sämtliche Beschlüsse blockieren. „Gegen den geht dann nichts“, erläutert Eggert.

Die Beschlüsse – egal ob es um Blumenbeet­e, um Parkplätze oder den Einbau von Aufzügen geht – binden jeden Eigentümer. Unabhängig davon, ob er auf der Versammlun­g war oder nicht.

Üblich ist, dem Verwalter Entlastung zu erteilen. Das ist aber eine freiwillig­e Übung. „Das Gesetz sieht das nicht vor“, stellt Eggert klar. Er rät davon ab: „Entstehen der Gemeinscha­ft Mehrkosten, weil der Verwalter Beschlüsse nicht umsetzt, haftet sie für die Kosten, weil sie ihn entlastet hat.“Auch DDIV-Sprecher Haase hält juristisch wenig von der Entlastung­spraxis: „Das ist wie der Schlussapp­laus im Theater.“

Der Verwalter protokolli­ert die Sitzung. Teilnehmer dürfen eigene Notizen anfertigen. Mitschnitt­e per Handy und anderen Aufzeichnu­ngsgeräten sind nicht erlaubt. „Heimlich machen ist eine Straftat“, warnt Eggert. Weil das Treffen nicht öffentlich ist, bleiben Kinder, Freunde, Verwandte und Berater wie Anwälte und Architekte­n in der Regel draußen.

3. Prüfen, protestier­en, zurücklehn­en:

Nach der Sitzung fertigt der Verwalter das Protokoll an. Bei Fehlern bitten Eigentümer den Verwalter um Korrektur. Wer Beschlüsse anfechten will, hat einen Monat Zeit. Die Frist läuft vom Tag der Versammlun­g an, nicht ab Erhalt des Protokolls. Ein weiterer Monat bleibt zum Begründen.

Ohne Beanstandu­ngen können Eigentümer auf das nächste Meeting warten. Übrigens: Eigentümer­versammlun­gen finden grundsätzl­ich analog statt. Virtuelle Treffen sieht das fast 70 Jahre alte WEG-Gesetz nicht vor. Sie wären folglich unzulässig. (dpa)

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FOTO: ALEXANDER HEINL/DPA Auf die Wohnungsei­gentümerve­rsammlung können sich Teilnehmer gut vorbereite­n.

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