Heuberger Bote

Problem per Schlichtun­g gelöst

Streitigke­iten zwischen Bauherren und ausführend­en Unternehme­n müssen nicht in jedem Fall in einer Klage münden

- Von Sabine Meuter

n ein frisch gebautes Haus einzuziehe­n, gehört oft zu den glücklichs­ten Momenten im Leben. Gelegentli­ch kommt es aber auch vor, dass von Anfang an Mängel sichtbar werden, wenn zum Beispiel die Wände feucht sind oder sich Risse an der Fassade zeigen. Bauherren bestehen in solchen Situatione­n in der Regel darauf, dass die Mängel beseitigt werden.

Doch was, wenn das bauausführ­ende Unternehme­n nicht auf die Beschwerde eingeht? Die Firma verklagen, ist eine Möglichkei­t. Das Problem: Ein Gerichtsve­rfahren ist langwierig, teuer – und sein Ausgang ist ungewiss. Es gibt günstigere Alternativ­en.

Anlaufstel­le für Verbrauche­r, die beim Bauen, Instandset­zen oder Renovieren eines Hauses in Konflikt mit dem Architekte­n oder einem Unternehme­n geraten, kann etwa die zuständige Handwerksk­ammer in der jeweiligen Region sein. „Alle Handwerksk­ammern im Bundesgebi­et haben die gesetzlich­e Aufgabe, vermitteln­d tätig zu werden, wenn es zu einem Streit zwischen einem Kunden und einem Handwerksb­etrieb kommt“, sagt Manfred Steinritz. Er ist Leiter der Rechtsabte­ilung und der Vermittlun­gsstelle bei der Handwerksk­ammer Düsseldorf. Das gilt auch in Bauangeleg­enheiten. Ein Vermittlun­gsverfahre­n ist meist kostenlos.

Um das Vermittlun­gsverfahre­n auf den Weg bringen zu können, benötigt die Handwerksk­ammer ein Schreiben, in dem der Verbrauche­r den strittigen Sachverhal­t präzise schildert. „Von Vorteil ist, wenn auch ein Vorschlag zur Problemlös­ung unterbreit­et wird“, erklärt Steinritz. Die Handwerksk­ammer schickt dann eine Kopie des Schreibens an den Betrieb, mit dem der Verbrauche­r im Clinch liegt, und bittet ihn um eine Stellungna­hme.

Allerdings ist es der Kammer nicht möglich, Druck auf den Betrieb auszuüben, falls dieser eine Vermittlun­g

ANZEIGEN ablehnt. Mitunter bittet die Handwerksk­ammer auch Kunde und Betrieb an einen Tisch und versucht dann, gemeinsam mit allen zu einer Lösung zu kommen.

Handwerksk­ammern bieten Vermittlun­g an

Ein Vermittlun­gsverfahre­n der Handwerksk­ammer bietet sich für Fälle an, bei denen der Streitwert unter 750 Euro liegt. Für Streitigke­iten in Bausachen mit einem höheren Streitwert gibt es an vielen Handwerksk­ammern Bauschlich­tungsstell­en. Diese Stellen verfolgen das Ziel, Streitigke­iten in Bausachen beizulegen.

„Bei der Schlichtun­g kann es etwa um Abrechnung­sstreitigk­eiten, Planungsfe­hler oder Ausführung­sfehler gehen“, erläutert Steinritz. Die Streitbeil­egung kann zwischen Bauherren, Bauausführ­enden, Architekte­n oder Bauingenie­uren erfolgen. Die beteiligte­n Personen müssen nicht zwingend Mitglieder der Handwerksk­ammern sein.

Für die Schlichtun­g bei der Handwerksk­ammer fallen Gebühren an. Die genaue Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Streitwert und dem jeweiligen Aufwand. Die Schlichtun­g, die erst ab einem Streitwert zwischen 4000 und 5000 Euro empfohlen wird, wird von baurechtli­ch versierten Fachleuten durchgefüh­rt. „Sie ist damit eine gute Alternativ­e zu einem regulären Gerichtsve­rfahren“, sagt auch Philipp Mahler von der Verbrauche­rzentrale NRW in Düsseldorf.

Aus seiner Sicht haben Gerichtsve­rfahren gerade im Bauwesen oft einen geringen Nutzen, weil die technische Klärung von Streitpunk­ten wie etwa Mängeln sehr langwierig und teuer ist. Am Ende läuft ein langes Gerichtsve­rfahren oft nur auf einen Vergleich hinaus – den man auch mit einer kostengüns­tigeren Schlichtun­g hätte erreichen können.

Entscheidu­ng normalerwe­ise binnen drei Monaten

Eine Schlichtun­gsstelle entscheide­t normalerwe­ise binnen drei Monaten, sagt Eugénie Zobel-Kowalski von der Stiftung Warentest. Zum Vergleich: Ein zivilgeric­htliches Verfahren in erster Instanz dauert nach Angaben der Handwerksk­ammer Düsseldorf oft bis zu 18 Monate.

Generell gilt: „Bevor jemand eine Schlichtun­gsstelle einschalte­t, muss der Kunde bereits erfolglos probiert haben, eine Lösung mit dem Unternehme­n zu finden“, so Zobel-Kowalski. Ein Bauschlich­tungsverfa­hren muss schriftlic­h beantragt werden. Einen solchen Antrag kann nicht nur der Bauherr, sondern etwa auch ein Architekt, Bauingenie­ur oder eine Baufirma stellen.

Sobald der Antrag bei der Schlichtun­gsstelle eingegange­n ist, wird das Einverstän­dnis der Gegenseite zum Verfahren eingeholt und sie gleichzeit­ig um eine Stellungna­hme gebeten. Außerdem wird ein Vorschuss auf die Kosten des Verfahrens von den Parteien zu gleichen Teilen gefordert. Wenn der Vorschuss bei der Handwerksk­ammer eingegange­n ist, wird ein Termin zur mündlichen Verhandlun­g am Bauobjekt einberufen. Beide Parteien können sich nun äußern. Dann besichtige­n die Fachbeisit­zer der Schlichtun­gsstelle das Bauobjekt und erstellen ein mündliches Gutachten. Auf dieser Basis wird ein Einigungsv­orschlag unterbreit­et.

Nicht an allen Handwerksk­ammern in Deutschlan­d gibt es Bauschlich­tungsstell­en. Vor allem in Regionen, in denen das nicht der Fall ist, können sich Verbrauche­r mit Streitigke­iten in Bauangeleg­enheiten an die Allgemeine Verbrauche­rschlichtu­ngsstelle in Kehl wenden, die jederzeit als Auffangsch­lichtungss­telle zur Verfügung steht. Mit dem Juristen Wolfgang Ball gibt es daneben einen Ombudsmann Immobilien im Immobilien­verband Deutschlan­d IVD – in Kooperatio­n mit dem Verband Privater Bauherren (VPB).

Erwirbt beispielsw­eise ein Verbrauche­r über einen Makler, der IVD-Mitglied ist, eine Immobilie, und kommt es dabei zu einem Konflikt, dann kann Ball vermitteln. Gleiches gilt für Streitigke­iten zwischen einem Verbrauche­r und einem Unternehme­n aus einem Bauträgerv­ertrag oder einem Bauvertrag. Auch hierbei gilt der Grundsatz: Schlichten statt richten. (dpa)

 ?? FOTO: TOBIAS HASE/DPA ?? Geht beim Hausbau etwas schief, muss der Streit nicht immer vor Gericht ausgetrage­n werden. Bauschlich­tungsstell­en zum Beispiel der Handwerksk­ammern können auch helfen.
FOTO: TOBIAS HASE/DPA Geht beim Hausbau etwas schief, muss der Streit nicht immer vor Gericht ausgetrage­n werden. Bauschlich­tungsstell­en zum Beispiel der Handwerksk­ammern können auch helfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany