Hang zur romantischen Interpretation
Violin-Duo I Virtuosi Animati spielt auf dem Dreifaltigkeitsberg für Klassikfreunde
(sg) – Das Violin-Duo I Virtuosi Animati mit Magnus Schlichtig und Bettina Rustemeyer hat auf dem Dreifaltigkeitsberg ein feinsinniges Konzert für echte Klassikfreunde geboten.
Mit Leclair, Bach, Ole Bull und einer Eigenkomposition von Magnus Schlichtig begeisterten die beiden Geigenvirtuosen am Fronleichnamstag die Fans der eher leisen Töne, die sich unter der Kuppel der Wallfahrtkirche auf dem Berg zu imposanten Klanggemälden entfalten konnten.
Mit der Sonate C-Dur des französischen Komponisten Jean-Marie Leclair, dem Begründer der französischen Violinschule im 18. Jahrhundert, eröffnen die beiden Geiger in kongenialer Virtuosität ihr Konzert und machen Lust auf mehr. Leclairs Werk, das den brillanten italienischen mit dem eleganten französischen Stil vereint, gefällt.
Da Schlichtig alles, was er interpretiert, unter den vorrangigen Gesichtspunkt der Harmonisierung des menschlichen Empfindens stellt, dürften auch die Zuhörer etwas von der heilenden Wirkung der Musik empfunden haben. Magnus Schlichtig, der Sohn des Tuttlinger Violinpädagogen Josef Schlichtig und Gründer des Tuttlinger Kammerorchesters, zelebriert mit seiner Partnerin eine ausgesprochen zarte Musiksprache. Dass die beiden ausschließlich mit dem Kammerton a auf 432 Hertz und auf Darmsaiten musizieren, was ihrem Spiel einen warmen, sonoren Klang verleiht, kommt hinzu.
Schlichtig zerfließt voller Empathie ganz im Einklang mit seiner Violine und seiner Musik, lächelt und genießt. Bettina Rustemeyer ist eher die klassische Geigerin, die ihre Emotionen für sich behält. Trotzdem verstehen sich die zwei blind und können sich ganz auf ihre Interpretation im Duo konzentrieren.
Musiker zeigen ihre Bandbreite
Dass sie einen besonderen Hang zur romantischen Interpretation haben, ist bei aller technischen Perfektion sogar bei der Bach-Invention in ADur herauszuhören. Sogar der Gregorianische Choral wirkt sehr emotional. Auch ein „Vaterunser“in AsDur, eine Eigenkomposition Schlichtigs, bewegt die Herzen der Zuhörer.
Mit zwei Werken des norwegischen Komponisten Ole Bull zeigt das Duo seine ganze dynamische Bandbreite. Hier können die beiden in skandinavischen Melodien schwelgen, ihre Klänge wie Nebel über den Fjorden aufsteigen lassen und in einfachen, aber einprägsamen Akkorden die schlichte Schönheit des Geigentons im Raum wirken lassen. Auch den folkloristisch-tänzerischen Charakter heben die beiden Geiger mit Lust hervor. Bei Bulls „Sae-terbesög“(Besuch auf der Alm) besticht die Klangfülle der dichten Mehrstimmigkeit. In kurzen turbulenten Kadenzen, komplizierten Flageoletttönen und Doppelgriffen leben Schlichtig und Rustemeyer souverän ihr ganzes künstlerisches Knowhow aus. Manchmal glaubt man, an besonders schönen Stellen von Schlichtig ein innig gehauchtes „Ah“zu hören. So sehr lebt der Künstler in seiner Musik, dass es keinen wundern würde, summte oder sänge er mit.
Mit dem mit Inbrunst zelebrierten „Ave Maria“von Franz Schubert klingt ein bezauberndes Bergkonzert aus.