Landtagspräsidentin auf Stippvisite
Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums nehmen Muhterem Aras ins Kreuzverhör
- Welche Fähigkeiten muss eine Landtagspräsidentin haben? Nach dem Besuch von Muhterem Aras am Tuttlinger Otto-HahnGymnasium zu urteilen, auf jeden Fall zwei: schnell reden und schnell denken. Dass sie beides recht gut kann, stellte die 52-Jährige beim Kreuzverhör mit den Schülern der Kursstufe I unter Beweis.
Dass die Landtagspräsidentin der Schule überhaupt einen Besuch abstattete, war dem Umstand zu verdanken, dass der Landtag in den vergangenen Jahren saniert wurde. Besuche von Schülergruppen waren nicht möglich, die abgelehnten Anfragen häuften sich. „Dann kommen wir eben in die Schulen, dachten wir uns“, erläuterte Aras am Montag. Ihr Vorgänger und ehemaliger Stellvertreter Wilfried Klenk besuchen deshalb 30 Schulen im ganzen Land. Am Montag kam Aras von der Berufsschule Donaueschingen nach Tuttlingen.
Mehrsprachigkeit von Vorteil
Die Grünen-Politikerin ist die Tochter eines türkischen Gastarbeiters. Mit zwölf Jahren kam sie nach Deutschland. „Ohne ein Wort Deutsch bin ich in der fünften Klasse eingeschult worden“, erzählte sie. Die Mehrsprachigkeit geriet ihr später zum Vorteil. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften und machte sich als erste türkischsprachige Steuerberaterin im Land selbstständig.
In die Politik ging sie nach dem Brandanschlag auf zwei türkische Familien in Solingen 1993. „Ich wollte mich nicht von der Angst einschränken lassen, ich wollte etwas tun“, sagte sie. Zunächst war sie für die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat, 2011 gewann sie bei der Landtagswahl das Direktmandat im Wahlkreis Stuttgart I. Sie arbeitete als finanz- und bildungspolitische Sprecherin, 2016 wurde sie zur Landtagspräsidentin gewählt.
In dieser Rolle muss sie vor allem die Sitzungen des Landesparlaments leiten, und das sei gar nicht so leicht, sagte Aras: „Der Ton ist in dieser Legislaturperiode rauer geworden, das merkt man.“
Zum Beispiel habe sie in zwei Jahren bereits fünf Ordnungsrufe – ein Instrument der Ermahnung – aussprechen müssen. In der vorangegangenen Legislaturperiode habe es gar keinen gegeben. Wann so ein Ordnungsruf erteilt wird? Für die Schüler brachte Aras ein Beispiel: Ein Abgeordneter habe ihren Stellvertreter als „Drecks-Klenk“bezeichnet. Schade, findet Aras: „Beim Respekt für andere ist noch Luft nach oben im neuen Landtag.“
Antworten auf alle Fragen
Wer Entgleisungen ahnden muss, muss auch genau hinhören: „Als Präsidentin muss ich jedem Redner hochkonzentriert zuhören, da kriegt man viel mit“, sagte Aras. Entsprechend hatte sie auf alle Schüler-Fragen Antworten, sei es zum Wahlrecht für Jugendliche („Je jünger man anfängt, desto länger bleibt man dabei“, findet Aras), zu Burka-Verboten („Ich persönlich bin gegen Kopftuch und Burka, aber ich denke auch, dass der Staat da nicht reinreden darf.“) oder zum diesjährigen Abitur („Ich bin froh, dass ich es nicht schreiben musste.“) und zum Tempolimit („Eine Geschwindigkeitsbegrenzung finde ich deutlich angenehmer.“).
In Sachen Cannabis-Legalisierung, nach der Schüler-Moderator Roman Jauch im Auftrag seiner Mitschüler fragte, befand die zweifache Mutter: „Wozu braucht ihr das in eurem Alter? Um glücklich zu werden? Das glaub ich nicht, lasst die Finger davon!“Sie verstehe zwar, dass es viel Aufwand für die Polizei sei, jedes kleine Marihuana-Delikt zu ahnden, so Aras. Eindeutig für oder gegen ein Verbot positionierte sie sich aber nicht.
Blieb die Frage nach dem Dienstwagen. Ein Blick aus dem Fenster genügte: S-Klasse.