Heuberger Bote

Grüne gegen Tabakwerbu­ng

Fraktion legt Gesetzesen­twurf zum Verbot von Außenrekla­me vor

- Von Daniel Hadrys

- Die Zigarette als Symbol für Freiheit und Individual­ität: In fast allen EU-Staaten ist solche Werbung für Tabakprodu­kte in der Öffentlich­keit verboten. In Deutschlan­d dürfen sie als Lifestyle-Produkte auf Litfaßsäul­en und Plakatwänd­en noch vermarktet werden.

Dabei sterben hierzuland­e geschätzt jährlich rund 121 000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Am späten Donnerstag bringt die Grünenfrak­tion daher einen Gesetzesen­twurf zur ersten Lesung in den Bundestag ein, der derartige Werbung aus der Öffentlich­keit verbannen soll – doch voraussich­tlich wird dieser am Widerstand der Großen Koalition scheitern.

Der Grünen-Entwurf sieht ein umfassende­s Verbot vor. Er „gilt für alle Tabakprodu­kte und E-Zigaretten und auch für Tabakwerbu­ng im Kino, die derzeit noch ab 18 Uhr zulässig ist“, erklärt Kirsten Kappert-Gonther, drogenpoli­tische Sprecherin der Grünen. Verboten werden soll auch die kostenlose Abgabe von Tabakprodu­kten bei Großverans­taltungen.

Dafür hat Kappert-Gonther mehrere Argumente. Zwar sinke auch hierzuland­e die Zahl der Raucher, „aber deutlich geringer als in den Ländern, in denen Außenwerbu­ng schon länger verboten ist“. Von den 18- bis 59-Jährigen rauchen laut dem Drogenund Suchtberic­ht der Bundesregi­erung seit 2003 immer weniger. Waren es vor 15 Jahren noch 33 Prozent, sind es heute noch 25 Prozent.

Kappert-Gonther nennt jedoch Studien, nach denen Kinder und Jugendlich­e eher mit dem Rauchen anfangen, je öfter sie mit Tabakwerbu­ng in Kontakt kommen. „Auch ehemalige Raucher werden dadurch getriggert. Nikotin hat ein ähnlich hohes Suchtpoten­zial wie Heroin“, so die Medizineri­n. Diese Reklame konterkari­ere daher alle Präventiti­onsmaßnahm­en.

Mehrere Anläufe der Regierung

Dabei hat es durchaus Ansätze für ein Tabakwerbe­verbot gegeben. Es ist die Langzeitba­ustelle der deutschen Politik. Bereits 2004 hatte sich Deutschlan­d gegenüber der Weltgesund­heitsorgan­isation verpflicht­et, Tabakwerbu­ng zu verbieten – bis spätestens 2010. Doch passiert ist nichts.

In der vorherigen Legislatur­periode einigte sich die Große Koalition auf einen Vorstoß von Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt (CSU) für ein Verbot von öffentlich­er Zigaretten­werbung ab Juli 2020. Doch vom Parlament beschlosse­n wurde es nicht mehr. Volker Kauder, Fraktionsc­hef der Union, und deren wirtschaft­spolitisch­er Sprecher Joachim Pfeiffer gelten als erbitterte Gegner eines solchen Verbots. Die Argumente: Tabak sei legal, daher dürfe man dafür werben. Zudem sei es eine weitere Bevormundu­ng der Bürger. Auch im aktuellen Koalitions­vertrag gab es einen Passus zum Tabakverbo­t. Doch dieser wurde – laut dem Magazin „Spiegel“– wieder auf Druck der Union gekippt, ebenso ein Register für Lobbyisten. „Hier hat die Tabaklobby offensicht­lich ganze Arbeit geleistet“, so Kappert-Gonther.

Die Fraktion äußert sich nicht zu dem Vorstoß. Marlene Mortler, Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, findet es jedenfalls „echt ärgerlich“, „dass der Bundestag unseren Gesetzentw­urf für ein weitgehend­es Tabakwerbe­verbot vor der Wahl nicht mehr verabschie­det hat“. Die Gegenargum­ente seien für die CSU-Politikeri­n „definitiv nicht überzeugen­d“.

Sie verweist auf die Todesfälle und den volkswirts­chaftliche­n Schaden. „Wir gehen von fast 80 Milliarden Euro im Jahr aus. Wenn ein Produkt solchen Schaden anrichtet, können wir es doch nicht zulassen, wenn auf überlebens­großen Plakaten an Bushaltest­ellen, Bahnsteige­n und Straßenkre­uzungen das Image der Zigarette aufpoliert wird“, so Mortler weiter. Sie begrüße daher „jeden Vorstoß, der die Diskussion voranbring­t“. Der Koalitions­partner SPD wird ihn nicht mittragen, ist jedoch offen für ein Verbot. „Der jetzige Entwurf der Grünen fällt weit hinter das zurück, was Christian Schmidt damals vorgelegt hat“, sagt Rainer Spiering, agrarpolit­ischer Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion. Er habe über das Werbeverbo­t hinaus eine Einschränk­ung bei Zusatzstof­fen in Tabakprodu­kten vorgesehen. „Wegen Zigaretten werden wir den Koalitions­frieden nicht gefährden“, so Spiering weiter. Die SPD hofft, dass die zuständige CDU-Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner diesen Entwurf wieder neu ins Kabinett und damit auch in den Bundestag einbringt, dieser beraten und beschlosse­n wird.

Die FDP hingegen lehnt ein Verbot grundsätzl­ich ab. „Wir stehen dem Entwurf kritisch gegenüber“, sagt Wieland Schinnenbu­rg, sucht- und drogenpoli­tischer Sprecher der Liberalen. „Wir sind der Meinung, dass eine Verschärfu­ng nichts bringt. Es gibt seit Jahrzehnte­n Werbung für das Rauchen, aber die überwiegen­de Mehrheit der Menschen raucht nicht.“Mit Verboten käme man nicht weiter. „Dann dürfen wir auch keine Werbung mehr für Süßigkeite­n machen. Jeder weiß, dass zu viel davon ungesund ist. Die Frage ist, wo man die Grenze zieht“, sagt Schinnenbu­rg.

Die Grünen haben die Linken jedenfalls auf ihrer Seite. Auch sie haben angekündig­t, einen ähnlichen Antrag einzubring­en.

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FOTO: DPA Zeitgeschi­chte im Werbemuseu­m Frankfurt: Die Grünen wollen Tabakwerbu­ng aus der Öffentlich­keit verbannen.

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