Heuberger Bote

An der Zapfsäule wird es teuer bleiben

Preise wohl auch im Sommer auf hohem Niveau – Opec mit schrumpfen­der Förderung

- Von Jürgen Krämer

(dpa) - Im Frühjahr ziehen die Preise für Benzin und Diesel meist merklich an. Diesmal waren die Zuwächse aber besonders stark – was auch mit der Strategie der mächtigen Ölförderlä­nder zusammenhä­ngt. Die Sprit-Rechnung könnte in den nächsten Monaten üppig bleiben.

An den Tankstelle­n sind die Preise für Benzin und Diesel in den Monaten April und Mai kräftig gestiegen. Für Super-Sprit der Sorte E10 musste am Dienstag nach Angaben des Portals „clever-tanken.de“im Durchschni­tt etwa 1,45 Euro je Liter gezahlt werden, nach 1,35 Euro Anfang April. Bei Diesel legte der Preis um mehr als zehn Prozent auf 1,30 Euro zu. Seit Ende Mai ging es zwar wieder leicht abwärts – aber es gibt viele Faktoren, die dafür sorgen, dass es an der Zapfsäule teuer bleiben dürfte.

Hauptursac­he ist der Trend einer starken Zunahme der Rohöl-Preise – eine Entwicklun­g, die selbst die mächtigen Staaten des Förderkart­ells Opec zum Umdenken bewegt. Auch die US-Regierung unter Präsident Donald Trump will einen Preisrückg­ang. Aber das Thema ist komplex.

Engpass könnte sich verschärfe­n

Entscheide­nd für den jüngsten Anstieg ist die schrumpfen­de Förderung innerhalb der Organisati­on erdölexpor­tierender Länder (Opec). Die schwere Wirtschaft­skrise im Mitgliedst­aat Venezuela hat enorme Produktion­sausfälle in dem Land mit den angeblich höchsten Ölreserven der Welt zur Folge.

Und dieser Engpass könnte sich noch verstärken. Trump hatte im Mai den Ausstieg aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran angekündig­t und damit neue Preisschüb­e am Ölmarkt ausgelöst. Denn die Aufkündigu­ng des Iran-Deals durch Washington führt zu amerikanis­chen Sanktionen gegen das wichtige Förderland am Persischen Golf. Das dürfte wiederum einen Rückgang der iranischen Öllieferun­gen auslösen – die insgesamt steigende Knappheit auf dem Weltmarkt könnte so die Preise antreiben.

Mitte Mai erreichte der Preis für Rohöl aus den USA bei mehr als 72 Dollar und derjenige für Nordsee-Öl bei über 80 Dollar je Barrel (159 Liter) jeweils den höchsten Stand seit Ende 2014. Seitdem kam es zu Spekulatio­nen, dass die Opec ihre gemeinsam mit anderen wichtigen Förderstaa­ten wie Russland beschlosse­ne Förderkürz­ung lockern könnte, um die Preise zu drücken. Vertreter aus Saudi-Arabien und aus Russland hatten entspreche­nde Andeutunge­n gemacht und damit den jüngsten Höhenflug der Ölpreise vorerst gestoppt.

Wegen der Ausfälle in Venezuela werde derzeit deutlich weniger Öl gefördert als vom Markt benötigt, erklärt Rohstoffex­perte Eugen Weinberg von der Commerzban­k. „Die Lage am Ölmarkt könnte sich noch verschärfe­n, wenn US-Sanktionen zu einem Rückgang der iranischen Ölexporte führen“, warnt er in einer Studie. Erst die Gerüchte über eine Ausweitung der Ölprodukti­on durch Saudi-Arabien und Russland ließen die Notierunge­n wieder fallen.

Sein Kollege Heinrich Peters von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) verwies auf die angespannt­e Situation in den USA. Hier drohe der Benzinprei­s zum Beginn der Ferienzeit ein kritisches Niveau zu überschrei­ten. In den Vereinigte­n Staaten steigt in den Sommermona­ten der Bedarf nach Benzin gewöhnlich stark an. Kurz vor den amerikanis­chen Parlaments­wahlen im Herbst dürften nicht nur Präsident Trump und die Republikan­er ein starkes Interesse haben, „die spekulativ­en Übertreibu­ngen am Ölmarkt einzufange­n“, meint Peters.

Opec-Sitzung am 22. Juni

Entscheide­nd für die weitere Entwicklun­g wird die mit Spannung erwartete Opec-Sitzung am 22. Juni in Wien sein. Hier soll über eine mögliche höhere Fördermeng­e gesprochen werden. Eine Anhebung der Ziele könnte die Probleme in Venezuela und im Iran ausgleiche­n.

Allerdings dürften die Verantwort­lichen der Opec und Russlands eines ebenfalls im Blick haben: die immer höhere Fördermeng­e in den USA. Seit geraumer Zeit meldet die US-Regierung nahezu wöchentlic­h Rekordwert­e. Zuletzt lag die amerikanis­che Fördermeng­e bei im Schnitt 10,77 Millionen Barrel pro Tag – so hoch wie noch nie.

Während in den USA die Ölförderun­g mit Hilfe der umstritten­en Fracking-Methode auf Hochtouren läuft, äußerte Trump seinen Unmut über die hohen Preise. Über Twitter hatte er im April die Opec für den Preissprun­g verantwort­lich gemacht und gedroht, dass ein derartiges Verhalten nicht akzeptiert werde.

Mittlerwei­le versucht Washington wohl, auf diplomatis­chen Kanälen auf eine höhere Opec-Fördermeng­e hinzuwirke­n. Laut einem Bericht der Nachrichte­nagentur Bloomberg soll die US-Regierung Saudi-Arabien und andere OpecLänder um eine Ausweitung ihrer Produktion gebeten haben. Die Bemühungen hinter den Kulissen scheinen die gewünschte Wirkung zu zeigen: Die Ölpreise sind seit Ende Mai wieder ein wenig gefallen.

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FOTO: DPA An den Tankstelle­n sind die Preise für Benzin und Diesel kräftig gestiegen.

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