Heuberger Bote

Tafelfreud­en am Tisch des Herren

Was beim Abendmahl gereicht wurde

- Von Reinhold Mann

Das Buch lebt schlicht von der Komik. Oder wie sein Autor, Anselm Schubert, Kirchenges­chichtler in Erlangen, formuliert: von der „komischen Fallhöhe zwischen der religiösen Überhöhung des Abendmahls und seiner sehr profanen Realität“. Die Komik nutzt auch schon der Untertitel als Leseanreiz: „Eine kulinarisc­he Geschichte des Abendmahls“.

Aber um Kulinarik kann es ja nicht gehen, denn das würde sich auf eine verfeinert­e Küche beziehen. Nun wird in Kirchen in aller Regel nicht gekocht, sondern ausgeteilt: Brot und Wein. Und das ist zugleich der Titel eines anderen Buches von Jöchen Hörisch, das dieses Themenfeld 1992 eigentlich hinreichen­d abgedeckt hat. Auch das Buch von Jan Kott, das sogar denselben Titel „Gott essen“trägt, fehlt in der Literaturl­iste. Und so betreibt Schubert eine Kulturgesc­hichte der „Abendmahls­elemente“, die, wie er einräumt, durchaus lückenhaft ausfällt. Die These des Buches, dass eine solche Beschäftig­ung zur Tafelrunde als Glaubenske­rn zurückführ­e, kostümiert das Projekt mit akademisch­er Ernsthafti­gkeit. Deren Drögheit wird manchmal von schillernd­en Formulieru­ngen durchbroch­en wie: „In der Geschichte der Abendmahls­elemente sehen wir die Schleifspu­ren der Alltagsges­chichte.“

Reinen Wein einschenke­n

Gewiss wahr: Und die sind oft „bitter im Abgang“, um das Urteil der Somelière Paula Bosch über einen fränkische­n Messwein zu zitieren. Schubert zeigt, welchen Kampf der deutsche Klerus führte, um reinen Weizen und sauberen Wein zu bekommen, vor allem in Zeiten, als die Hungersnot wütete oder die Reblaus zur Arbeiterin wurde im Weinberg des Herren. Aber da schlug die Stunde der „Pastoralch­emie“, die endlich die Zusammense­tzung aller Substanzen für den sakramenta­len Gebrauch regelte, nicht nur bei Brot und Wein, sondern auch noch bei Tischtuch und Kandelaber.

Am interessan­testen geraten Schubert die Exkurse in die weite Welt, die zeigen, welche Mühen Christen mit dem Abendmahl auf sich nehmen, wenn es ihnen an europäisch­en Grundnahru­ngsmitteln mangelt. So habe die „Inter-Angelican Liturgical Commission“2005, wahrschein­lich mit kaltem Schauder, festgestel­lt, „dass im subsaharis­chen Afrika Fanta und Cola im Einsatz sind“. Und wer sich wundert, warum man im klassische­n Western den Raubeinen immer nur Rum und Whisky ausschenkt, bevor sie den Saloon zusammensc­hießen, erfährt in diesem Buch endlich, dass sich „auch die christlich­en Gemeinscha­ften in den Frontier Territorie­s“aus Haltbarkei­tsgründen aus diesem Sortiment bedienen mussten. Wer hätte das gedacht!

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