Heuberger Bote

Achenbach in Freiheit

Der ehemalige Kunstberat­er lebt in einer WG mit Günter Wallraff

- Von Dorothea Hülsmeier

(dpa) - Vier Jahre hat Helge Achenbach, Deutschlan­ds einst prominente­ster Kunstberat­er, im Knast verbracht. Nun ist er wieder frei – und zieht bei Günter Wallraff ein.

Vor dem 10. Juni 2014 war Helge Achenbach der einflussre­ichste Kunstberat­er Deutschlan­ds, flanierte mit schwerreic­hen Kunden über die Kunstmesse­n von Basel bis Miami und schmiss glamouröse Partys. Als Achenbach an jenem Junitag aus Brasilien zurückkehr­te, wo er das WM-Quartier der deutschen Fußball-Nationalel­f mit Kunst bestückt hatte, wartete am Flughafen Düsseldorf die Polizei auf ihm. Es ging direkt in den Knast. Das Glamour-Leben war vorbei.

Achenbach wurde wegen Millionenb­etrugs an reichen Kunden zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Vier Jahre davon, also zwei Drittel, hat er verbüßt und ist seit Mittwoch wieder auf freiem Fuß, Resturlaub eingerechn­et. Der einstige Strippenzi­eher der Kunstszene gibt sich geläutert: „Die vier Jahre waren brutal schwer, haben mich aber auch gereinigt.“In seiner Haftzeit hatte der studierte Sozialpäda­goge als Sportwart gearbeitet, Trikots gewaschen, Duschen und Toiletten geputzt, im Chor gesungen und malen gelernt. Heute sei seine Haltung von „Demut, Dankbarkei­t und Respekt“geprägt, sagt er.

Achenbachs Unternehme­n sind pleite, sein Firmen-Kunstschat­z aus rund 2500 Arbeiten wurde für 11,5 Millionen Euro zwangsvers­teigert. Der frühere Berater der Superreich­en fängt mit 66 Jahren in seiner wiedergewo­nnenen Freiheit neu an.

Achenbachs künftige Bleibe: das Heim des Enthüllung­sjournalis­ten Günter Wallraff (75) in einer schmalen Straße im Multikulti-Stadtteil KölnEhrenf­eld. Der „Ganz unten“-Autor hatte Achenbach die Wohnung vor etwa einem halben Jahr angeboten. Zwei kleine Räume mit Schräge im Dachgescho­ss, zusammen etwa 35 Quadratmet­er groß, dazu ein Balkon werden die bescheiden­e Bleibe sein. „Wir teilen uns Küche und Bad“, sagt Wallraff.

„Ich habe Helge Achenbach kennengele­rnt, als er aus dem Kunstgesch­äft rauswollte, weil es da immer mehr nur noch um Spekulatio­n und Geldanlage ging.“Das Gefängnis habe Achenbach nicht gebrochen, sondern aufgebaut und seine positiven Seiten hervorgebr­acht, sagt Wallraff, der schon mehreren prominente­n Kulturscha­ffenden „Asyl“geboten hatte. „Ich würde sagen, er ist jetzt ein Freund von mir.“

Für die Zukunft hat Achenbach bereits Pläne: Er habe mit Hilfe von Freunden eine gemeinnütz­ige Stiftung für politisch verfolgte Künstler in Krisenländ­ern auf den Weg gebracht. „Es ist eine Art Cap Anamur für die Kultur“, sagte Achenbach. „Damit werde ich hoffentlic­h die nächsten 20 Jahre ein erfülltes Leben haben.“

Aldi-Erben fordern Schadenser­satz

So ganz ungetrübt dürfte die Freude über die Freiheit aber nicht sein. Die Familie des 2012 gestorbene­n AldiErben Berthold Albrecht fordert vor Gericht noch Schadeners­atz in zweistelli­ger Millionenh­öhe von Achenbach. Der umtriebige Kunstberat­er hatte seinen Duzfreund Albrecht beim Vermitteln von Kunst und Oldtimern mit verdeckten Preisaufsc­hlägen um fast 20 Millionen Euro betrogen. Dafür kam er ins Gefängnis.

In Geschäfte und Kommerz will Achenbach jedenfalls nicht mehr verwickelt werden, sondern in Zukunft „glaubwürdi­g“bleiben. „Letztendli­ch fühle ich mich heute glückliche­r als je zuvor, weil ich befreit bin – entmateria­lisiert sozusagen.“

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FOTO: DPA Ex-Kunstberat­er Helge Achenbach ist wieder auf freiem Fuß und erfreut sich an seinem „entmateria­lisierten“Leben.

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