Seehofer: „Die CDU hat Europa gespalten“
CSU-Chef legt im Asylstreit mit der Kanzlerin nach – Merkel bleibt bei ihrer Position
- Es sind Schicksalstage für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Die CSU hält auch weiterhin den Druck aufrecht, in Kürze an den deutschen Grenzen Flüchtlinge abzuweisen. Außerdem verschärft sich der Ton im unionsinternen Streit zusehends. Innenminister Horst Seehofer, aus dessen bislang nicht veröffentlichtem Asyl-Masterplan die Forderung stammt, kritisierte am Freitag Merkels Vertraute Annegret Kramp-Karrenbauer, die CDU-Generalsekretärin, mit harten Worten. „Frau Kramp-Karrenbauer stellt uns als Provinzfürsten aus Bayern hin, die die europäische Idee nicht verstanden haben“, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“. Der CSUChef reagierte damit auf einen Brief Kramp-Karrenbauers an die CDUMitglieder, in dem sie für die Linie der Kanzlerin warb.
„Wir als CDU haben die Sorge, dass ungeordnete Zurückweisungen an unseren Grenzen, als Land im Herzen Europas, nicht der richtige Weg sind“, heißt es in dem Schreiben. „Sie könnten zu einem negativen Dominoeffekt und letztlich der Infragestellung des Europäischen Einigungswerks führen, für das wir als CDU immer gestanden haben.“Dies konterte Seehofer mit der Bemerkung, es sei die CDU gewesen, „die mit der Flüchtlingsentscheidung 2015 die Spaltung Europas herbeigeführt hat“. Zugleich insistierte Seehofer in der eigentlichen Streitfrage. Er pochte darauf, in anderen EUStaaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Merkel blieb auch am Freitag bei ihrer Position, eine europäische Lösung müsse Vorrang haben.
Vor Seehofers Aussagen hatte es hinter den Kulissen etwas Bewegung gegeben. In Berlin hörte man sowohl aus der CDU-Fraktion als auch aus der CSU-Landesgruppe, dass sich doch noch eine Art Kompromiss finden könnte. Danach soll der CSUVorstand am Montag Seehofer die volle Unterstützung für seinen Masterplan mit allen 63 Punkten zusichern, der Innenminister die Umsetzung dann aber erst ab dem 1. Juli ankündigen. Damit hätte Kanzlerin Merkel doch noch ein paar Wochen Zeit, auf europäischer Ebene über bilaterale Rücknahmeabkommen zu verhandeln. CSU-Generalsekretär Markus Blume zeigte sich jedoch im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“wenig zuversichtlich, dass ihr dies glücken könnte. „Den Bürgern fehlt der Glaube, dass in zwei Wochen das gelingen kann, was drei Jahre lang nicht möglich war.“
Laut einer Forsa-Umfrage vom Freitag unterstützen zwei von drei Bundesbürgern die Haltung Horst Seehofers: 61 Prozent stimmten dem Plan des Innenministers zu, Migranten an der Grenze zurückzuweisen. 32 Prozent stimmten dem nicht zu. Gleichzeitig ergab die Umfrage, dass zwei von drei Bürgern die Flüchtlingsfrage aktuell nicht für das größte Problem der Bundesrepublik halten.