3,8 bis vier Millionen Bremsscheiben pro Jahr
Übeltäter ist nach Aussagen der Anwohner SHW mit seinem Schmelzofen. Aber auch Straßenbau Storz setzt durch die Asphalt-Mischanlage regelmäßig seine Duftmarke. Besonders wenn der Wind entsprechend weht, werden die Gerüche stundenweise, teils auch über mehrere Tage, in die Wohnviertel getragen. Etwas, das Anwohner jedoch bis zu einem gewissen Maß durchaus hinnehmen müssen, wie das Regierungspräsidium Freiburg (RP) mitteilt. Denn: Jeder Betrieb hat das Recht, bis zu einer bestimmten Stundenanzahl im Jahr zu „stinken“. Maßgeblich ist die sogenannte Geruchsimmissions-Richtlinie: für Wohngebiete sind dies zehn Prozent der Jahresstunden, für Gewerbegebiete 15 Prozent. Beide Betriebe haben sich im Rahmen dieser Richtlinie bislang offiziell nichts zu Schulden kommen lassen.
Dennoch: Den Behörden sind die Klagen durchaus bekannt. Immer wieder habe es in der Vergangenheit Nachbarschaftsbeschwerden aus Tuttlingen gegeben, weiß RP-Pressesprecher Markus Adler. Selbiges teilt die Stadt Tuttlingen mit. Doch: Da Geruch eine subjektive Empfindung sei, sei es nicht einfach, konkretes festzumachen, so Adler.
Das Ehepaar Schellhaaß, deren Beschwerde über ein Tuttlinger Gemeinderatsmitglied nach Freiburg weitergegeben wurde, hat von der Behörde mittlerweile ein Geruchsprotokoll übermittelt bekommen. Dort kann ausgefüllt werden, wann, wo und wie lange der Geruch auftritt. Ein Protokoll übrigens, das jeder Bürger führen kann, der dies möchte – zu beziehen ist es über die Umweltabteilung (Abteilung 5) des Regierungspräsidiums Freiburg.
Spricht man mit den zuständigen Behörden, so zeigt sich: Die gesetzlich erforderlichen Werte sind in Zwei Firmen, zwei Gerüche: Während am Standort an der Ludwigstaler Straße eine eigene Herstellung von Schüttgütern und Asphalt unterhält, arbeitet der Automobilzulieferer im Ludwigstal mit einem so genannten Kupol-KaltwindOfen, um Flüssigeisen zur Herstellung von Bremsscheiben zu gewinnen. In diese Art des Schmelzofens wird oben Schrott Ordnung. Für SHW ist das RP Freiburg zuständig, in dessen Bereich alle Betriebe mit hoher Umweltrelevanz oder hohem Sicherheitsrisiko fallen – in Tuttlingen übrigens der einzige Betrieb, der zu dieser Kategorie zählt. Für Straßenbau Storz zuständig ist das Landratsamt Tuttlingen. SHW werde alle drei Jahre überprüft, teilte das RP mit. Bei den letzten Messungen lagen die Staubwerte am Schmelzofen bei Werten kleiner als ein Milligramm pro Kubikmeter. Der Grenzwert liegt bei 20. Auch dem Landratsamt sind keine Auffälligkeiten bezüglich der Asphalt-Mischanlage von Straßenbau Storz bekannt.
Dennoch: Der Geruch ist da – das weiß auch SHW selbst. „Es ist kein Geheimnis, dass bei Gießerei-Prozessen Geruchsimissionen entstehen können“, sagt Michael Schickling, Leiter der Unternehmenskommunikation sagt Anwohnerin Uta Schellhaaß eingefüllt und gemeinsam mit Kalk und Legierungsbestandteilen auf rund 15 000 Grad Celsius erhitzt. Aus dem austretenden Flüssigeisen stellt das Unternehmen Bremsscheiben im so genannten Grauguss her – rund 3,8 bis vier Millionen Stück pro Jahr. Dieses Volumen sei über die Jahre in etwa gleich geblieben und werde auch nicht vergrößert, so das Unternehmen. (skr) der SHW im Stammwerk Aalen. „Darüber reden wir offen und transparent“, betont er. Kein Anwohner sei bislang jedoch direkt auf das Unternehmen zugekommen. Für die Firma ist die Sachlage klar: Der Schmelzofen, der als Hauptquelle für den Geruch gilt, erfüllt samt Abluftreinigungsanlage und einem Filter alle gesetzlichen Auflagen. Nicht nachgewiesen sei zudem, dass man Haupt-Geruchsverursacher sei, betont das Unternehmen.
Möglichkeit, Geruch zu verringern
Dabei gäbe es durchaus die Möglichkeit, den Geruch zu verringern: Andere Ofentypen oder das Nachrüsten des aktuellen Modells mit einer Nachverbrennung könnten eine Verbesserung bewirken, so die Einschätzung vom SHW-Umweltbeauftragten Marc Nikley vom Standort Tuttlingen. Aber: Für den Betrieb wäre dies mit hohen Kosten verbunden, die durch einzelne Nachbarschaftsklagen nicht gerechtfertigt seien.
Noch vor den Sommerferien soll es ein Gespräch zwischen dem Unternehmen, RP, Landratsamt und Stadt Tuttlingen geben. Zwar geht es dabei nicht primär um den Geruch, aber um das Thema Landesgartenschau. Denn hier gilt: Stinken soll es dann möglichst nicht. Schon als die Laga-Kommission vor Ort war, habe sich ein Jurymitglied erkundigt, was das denn für ein Geruch sei, der ihm da um die Nase wehe.
„Es stinkt wirklich vom Himmel“,
gibt es auf www.schwaebische.de/ tuttlingen