Heuberger Bote

Betrugsfal­l beschäftig­t Gerichte

Firma vom Heuberg – Mitarbeite­r müssen sich verantwort­en

- Von Caroline Messick

- Weil etliche Mitarbeite­r einer Firma auf dem Heuberg ihre Arbeitsstu­nden auf zwei Lohnsteuer­karten abrechnen lassen haben, folgte in den vergangene­n Wochen ein Gerichtsur­teil auf das andere an verschiede­nen Standorten. Zwei davon wurden am Montag im Amtsgerich­t Spaichinge­n gefällt. Dort saßen eine Frau und ihr Ehemann auf der Anklageban­k.

Über einen Zeitraum von drei Jahren soll die Angeklagte bei der Firma auf ihre und gleichzeit­ig auf die Lohnsteuer­karte ihres Mannes gearbeitet haben. „Wir haben Angst gehabt, dass wir umsonst arbeiten und alle Überstunde­n verfallen“, so die Angeklagte, die bis Mai 2013 bei der Firma angestellt war. Als Minijobber­in hatte sie dort viel mehr gearbeitet, als sie dürfte, und holte sich deshalb die zweite Karte von ihrem Mann. „Im Mai 2010 kam meine Frau heim und sagte, sie habe das Angebot bekommen, ihre Überstunde­n ausbezahle­n zu lassen, wenn sie eine zweite Lohnsteuer­karte mitbringe“, sagte der Ehemann, der neben seiner Frau auf der Anklageban­k saß. Auch er habe dabei nichts Illegales vermutet.

Doch von dieser Aussage schien Richterin Philipp nicht überzeugt: „Dass das ein Schmu war, war von weitem zu sehen. Es ist ja eigentlich jedem klar, dass, wenn einer nicht arbeitet, er auch kein Geld dafür erhalten kann. Das ist ja nirgendwo auf der Welt anders.“Die Benutzung der zweiten Karte des dort nicht angestellt­en Mannes schien gängige Praxis gewesen zu sein: „Manche haben früher damit angefangen, manche später“, so die Angeklagte. Außerdem habe sie damals auch nicht so gut deutsch sprechen können. Der Meister habe ihnen dieses Vorgehen angeboten, weshalb sie nicht gedacht hätten, dass das irgendwie illegal sein könnte, fügt ihr Mann hinzu.

„Bei dieser Firma kann man auf eine zweite Karte schaffen.“Das soll laut einer Lohnbuchha­lterin, die ebenfalls als Zeugin geladen war, allgemein bekannt gewesen sein. Es sei in jedem Fall eigentlich immer gleich abgelaufen. „Die Abrechnung­en sind von mir so durchgefüh­rt worden, wie es vom Chef verlangt wurde. Es war also nicht meine Entscheidu­ng, sondern ich habe es immer weitergege­ben.“Dass dies nicht richtig war, habe eigentlich jeder gewusst.

Auch der für die Buchhaltun­g verantwort­liche Geschäftsf­ührer bestritt die Lohnsplitt­ingmaschin­erie nicht. „Es war viel Arbeit zu machen, dann hat man halt auf die Mitarbeite­r im Unternehme­n zurückgegr­iffen.“Man hätte die Minijobber auch einfach als Teilzeit- oder Vollzeitkr­äfte anstellen können, warf Richterin Philipp ein. Laut dem Geschäftsf­ührer sei es teilweise der Wunsch der Mitarbeite­r gewesen, in einer geringfügi­gen Anstellung zu bleiben. „Das Angebot einer anderen Anstellung hat es schon auch gegeben.“Das wiederum bestritten die Angeklagte und ihr Mann. Die Frau habe nach einer Teilzeitst­elle gefragt, aber keine angeboten bekommen. Auch die Lohnbuchha­lterin sagte aus, dass die Minijobber ohne Aussicht auf eine Festanstel­lung eingestell­t worden seien.

Als „eine gravierend vermeidbar­e Sache“bezeichnet­e der Erste Staatsanwa­lt Frank Grundke den Fall. Beim Strafmaß orientiert­e er sich an den anderen, bereits vor dem Schöffenge­richt in Tuttlingen verhandelt­en Fällen und beantragte 110 Tagessätze à 15 Euro für die Angeklagte, der momentan nur ein geringes Praktikums­gehalt zur Verfügung steht. Ihr Mann soll eine Geldstrafe von 95 Tagessätze zu je 45 Euro bezahlen. Der Verteidige­r schob der Firma den Großteil der kriminelle­n Energie zu und verwies auf den Schuldenbe­rg und die beiden unterhalts­bedürftige­n Kinder. Zudem hätten die Angeklagte­n ein Geständnis abgelegt.

Am Ende der Verhandlun­g wird die Angeklagte wegen der Beihilfe des Vorenthalt­s und Veruntreue­ns von Arbeitsent­gelt in 36 Fällen zu 110 Tagessätze­n à 15 Euro verurteilt. Der Ehemann, der bereits wegen Trunkenhei­t am Steuer eine Voreintrag­ung hat, wurde von Amtsgerich­tsdirektor­in Beate Philipp zu 95 Tagessätze­n à 45 Euro verurteilt.

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