Heuberger Bote

Dem Bodensee geht die Luft aus

Durch den Klimawande­l sinkt der Sauerstoff­gehalt – Das macht Felchen zu schaffen

- Von Kara Ballarin

Der Klimawande­l setzt dem Bodensee zu. Immer wärmere Winter verhindern, dass genügend Sauerstoff an den Grund gelangt. Der wird dort aber dringend gebraucht, damit die Wasserqual­ität hoch bleibt – und damit sich der typische Bodensee-Fisch, das Felchen, entwickeln kann.

- Der Bodensee ist vieles: Trinkwasse­rspeicher, Lebensraum, Touristenm­agnet. Doch der Klimawande­l setzt dem sensiblen Ökosystem zu. Weil das Wasser wärmer wird, kommt immer weniger Sauerstoff am Grund des Sees an – mit gravierend­en Folgen, etwa für den Bestand der Felchen. „Dieser Trend wird im Zuge der weiteren Erwärmung der Bodenseere­gion anhalten und sich voraussich­tlich noch verstärken“, erklärt Umweltmini­ster Franz Unterstell­er auf Anfrage der Konstanzer Landtagsab­geordneten Nese Erikli (beide Grüne).

Einen solchen Winter wie zuletzt hat das „Schwäbisch­e Meer“dringend gebraucht. „Nach zwölf Jahren hat der Bodensee jetzt erstmals wieder richtig Sauerstoff getankt“, erklärt Harald Hetzenauer, Leiter des Instituts für Seenforsch­ung in Langenarge­n. Sinkt der Sauerstoff­gehalt am Grund auf unter sechs Milligramm pro Liter, wird’s kritisch, sagt er. 2015 und 2016 war das der Fall. Dank der außergewöh­nlichen Kälte im Februar und Anfang März stieg der Wert nun auf zehn Milligramm.

Der Karpfen profitiert

Warum das wichtig ist? „Es ist zum Beispiel für manche Fische schlecht“, sagt Hetznauer. „Der Felchenlai­ch am Grund kann sich nicht entwickeln.“Seit den 1980er-Jahren ist die Wassertemp­eratur um ein Grad Celsius gestiegen. Das wirkt sich laut Unterstell­er auf die Fischarten aus. „Die kälteliebe­nden im Bodensee lebenden Fischarten können durch zukünftige Entwicklun­gen negativ beeinfluss­t werden.“Neben dem Felchen nennt er die Seeforelle, die Trüsche und den Seesaiblin­g. Großer Profiteur könnte indes der Karpfen sein.

Der Sauerstoff werde außerdem dafür gebraucht, dass Mikroorgan­ismen ihre Arbeit machen können, erklärt Hetznauer. Nämlich: tote Pflanzen und Tiere zersetzen, die auf den Grund absinken. Damit der Sauerstoff an den Grund kommt, braucht es kalte Winter, die zuletzt ausblieben. Dadurch konnten sich die Wasserschi­chten nicht durchmisch­en.

Umweltmini­ster Unterstell­er erklärt, dass deswegen auch die Qualität des Wassers sinken könnte. Der Bodensee ist der Wasserlief­erant für allein vier Millionen Menschen in Baden-Württember­g. „Nicht auszuschli­eßen ist, dass die Rohwassera­ufbereitun­g aufwendige­r wird und dadurch höhere Kosten entstehen“, so Unterstell­er.

Dass es dem Bodensee bislang noch gut geht, führt Unterstell­er auch darauf zurück, dass sich die Länder und Kantone rings um den See um seine Reinhaltun­g bemühen. Das betont auch Seenforsch­er Hetzenauer. „Wichtig ist, dass die Nährstoffe niedrig bleiben“, dann könne es der Bodensee auch ein paar Jahre überstehen, dass sich die Wasserschi­chten nicht durchmisch­en. „Hätten wir heute eine hohe Phosphorko­nzentratio­n, dann wäre das für den See eine Katastroph­e.“Phosphor spielt als Pflanzennä­hrstoff eine zentrale Rolle für die Landwirtsc­haft. Auch im See dient er als Dünger für die Pflanzen. Die Folgen erklärt Hetzenauer: „Je mehr Phosphor, desto mehr Algenwachs­tum, desto mehr Biomasse, desto mehr Sauerstoff wird gebraucht, um das am Grund abzubauen.“

Für die Konstanzer Abgeordnet­e Erikli sind Unterstell­ers Ausführung­en beunruhige­nd. „Dass der Klimawande­l so deutlich auch am Bodensee erkennbar ist, ist alarmieren­d.“Sie lobt die Anstrengun­gen der Vergangenh­eit, den Phosphat-Eintrag zu reduzieren. Das kritisiere­n die Bodenseefi­scher lange schon, weil sie den Nährstoffm­angel für den Rückgang der Fischbestä­nde verantwort­lich machen. Außerdem gibt es Bestrebung­en, Fische im Bodensee in Netzgehege­n zu züchten. Beidem erteilt Erikli eine klare Absage: „Zusätzlich­er Phosphat-Eintrag und Aquakultur­en würden den See in dieser Situation zusätzlich belasten. Solch ein Experiment wäre äußerst fahrlässig.“

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FOTO: SCHMIDT Im Vergleich zu den 1980er-Jahren ist die Wassertemp­eratur im Bodensee um ein Grad gestiegen – das hat Folgen für das Ökosystem.

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