Heuberger Bote

Wer welche Ziele in der europäisch­en Asylpoliti­k verfolgt

Hektische Diplomatie in der EU – Staats- und Regierungs­chefs treffen sich in unterschie­dlichen Konstellat­ionen

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(dpa) Mit seinem Mini-EU-Gipfel springt EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Streit mit der CSU zur Seite. Mindestens elf Staaten wollen am Sonntag bei einem Treffen in Brüssel Fortschrit­te in der Asyldebatt­e erzielen. Schon am Donnerstag traf Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) die Regierungs­chefs der vier Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei. Welche Allianzen bilden sich da gerade? Und was bedeutet das für die EU? Ein Überblick:

Am Sonntag geht es in Brüssel um europäisch­e Lösungen für die Asylpoliti­k. Welche Vorschläge liegen auf dem Tisch?

Ursprüngli­ch hieß es, die besonders von der Flüchtling­skrise betroffene­n Staaten wollten sich treffen. Mittlerwei­le ist es jedoch fast die halbe EU. Juncker hat schon einen Entwurf für eine Gipfelerkl­ärung vorgelegt. Ziel ist es, die Zahl der Migranten ohne Asylaussic­ht in der EU zu reduzieren und die Weiterreis­e von Flüchtling­en zwischen EU-Staaten zu unterbinde­n. Ihnen sollen unter anderem Strafen drohen, wenn sie nicht im Land ihrer ersten Registrier­ung bleiben. Außerdem sollen Asylbewerb­er nur noch im für sie zuständige­n EU-Land Sozialhilf­e erhalten. Weiter schlägt Juncker einen Mechanismu­s zur Rücknahme von Migranten zwischen EU-Ländern vor. Zudem sollten Sammelpunk­te für aus Seenot gerettete Flüchtling­e entstehen.

Kann das erfolgreic­h sein?

Schon jetzt sind deutliche Gräben erkennbar. Von der italienisc­hen Regierung kamen Zeichen des Widerstand­s. Vor allem die Diskussion um Rücknahmea­bkommen wird dort kritisch gesehen. Italien will stattdesse­n eine europäisch­e Antwort auf gerettete Bootsflüch­tlinge. Außerdem gilt: Je größer das Teilnehmer­feld, desto unwahrsche­inlicher eine Einigung. Bei Treffen, an denen nicht alle beteiligt sind, besteht zudem immer die Gefahr, dass manche Länder sich auf den Schlips getreten fühlen. Die Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei lehnen das Treffen am Sonntag ab. Stattdesse­n trafen sie sich bereits am Donnerstag mit Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz.

Worüber sprachen die VisegradSt­aaten mit dem aus Wien angereiste­n Kurz?

Sie sind strikt gegen die Umverteilu­ng von Asylbewerb­ern und wollen einen stärkeren Schutz der EU-Außengrenz­en. Zu Junckers Minigipfel nach Brüssel fahren sie dezidiert nicht: „Das einzige Forum, das in dieser Frage etwas zu sagen hat, ist der Europäisch­e Rat“, erklärte der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán.

Warum fuhr Kurz nach Budapest?

Österreich und die Visegrader eint die harte Haltung in der Migrations­frage. Seit dem Antritt der ÖVPFPÖ-Regierung in Wien ist das Verhältnis speziell zu Orbán entspannt. Der Rechtspopu­list gehörte zu den ersten Politikern, die Kurz empfing. Die neue Nähe geht aber nicht soweit, dass Österreich sich mit den Visegrad-Staaten in einem Boot sieht. Ein Beitritt zum Bündnis kommt für Kurz nicht infrage. Im Juli übernimmt Österreich den EU-Ratsvorsit­z. Für den Ratsvorsit­z hat sich Kurz vorgenomme­n, ein gemeinsame­s Konzept für den EU-Außengrenz­schutz zu zimmern.

Wollen nicht ohnehin alle EUStaaten einen besseren Schutz der EU-Außengrenz­e?

Gewiss. Die Unterschie­de liegen in der Herangehen­sweise. Während Merkel eine verhandelt­e und mit dem Asylrecht einigermaß­en in Einklang stehende Lösungen anstrebt, bekennen sich Orbán und andere zu nationalen Alleingäng­en. Das kann auch für die Visegrad-Staaten noch zum Problem werden. Während Orbán seine Freundscha­ft zu Seehofer pflegt, hat Tschechien­s Ministerpr­äsident Andrej Babis am Donnerstag scharf Stellung gegen Seehofers Pläne zu Grenzkontr­ollen bezogen.

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FOTO: LIBYAN COAST GUARD/AP/DPA Von der libyschen Küstenwach­e aufgegriff­ene Migranten: Der Umgang mit Flüchtling­en spaltet die Europäisch­e Union.

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