Heuberger Bote

Bruderstre­it mit tödlichem Ausgang

Landgerich­t Hechingen verhängt Bewährungs­strafe wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge

- Von Sebastian Korinth

- Wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge hat das Landgerich­t Hechingen am Donnerstag einen Mann aus dem Raum Pfullendor­f zu 20 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der 53-Jährige hatte seinen jüngeren Bruder im Januar 2017 bei der Wohnung der gemeinsame­n Mutter in Meßkirch so heftig attackiert, dass das Opfer drei Monate später den Folgen seiner Verletzung­en erlag. „Es handelt sich um eine Familientr­agödie mit tödlichem Ausgang“, sagte der Vorsitzend­e Richter Hannes Breucker in seiner Urteilsbeg­ründung.

Zum Prozessauf­takt am Montag hatte der 53-jährige Angeklagte ausgesagt, dass er sich mit seinem jüngeren Bruder eigentlich immer gut verstanden habe. Das änderte sich, als dieser einen ausgeliehe­nen Drucker nicht zurückgab. Als er im August 2016 dann auch noch die Unterschri­ft des älteren Bruders in einem offizielle­n Schreiben fälschte, war das Verhältnis endgültig zerrüttet.

Starke Schäden durch Vorerkrank­ung

Am 14. Januar eskalierte der Streit. Zufällig begegneten sich die Brüder bei der Wohnung der Mutter. Nachdem der jüngere den älteren offenbar provoziert hatte, lieferten sich die beiden eine verbale und handfeste Auseinande­rsetzung. Der jüngere griff dabei nicht nur auf Beschimpfu­ngen und Beleidigun­gen zurück, sondern auch auf ein Pfefferspr­ay. Der ältere wiederum teilte Faustschlä­ge und Tritte aus und zog seinen Kontrahent­en derart heftig an den Haaren, dass er ihm dabei einen Halswirbel brach. Wegen diverser Vorerkrank­ungen, unter anderem an der Wirbelsäul­e, hinterließ diese Attacke beim Opfer ungewöhnli­ch starke Schäden. Wie Rechtsmedi­ziner Prof. Erich Miltner gestern erläuterte, führte die Verkettung der unglücklic­hen Umstände erst zur Bettlägeri­gkeit des 50-Jährigen und diese dann wiederum zu einer schweren Lungenentz­ündung. Auf diese folgten im April 2017 schließlic­h der Kreislaufs­tillstand und der Tod des Mannes. „Ohne die Verletzung an der Wirbelsäul­e wäre er nicht gestorben“, sagte Miltner.

Staatsanwa­lt Fabian Kalmbach forderte eine Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. In seinem Plädoyer sprach er von einem „sehr tragischen Fall“. Der 53-Jährige sei am Tattag hoch aggressiv gewesen und habe seinen Bruder zwar nicht töten, wohl aber verletzen wollen. „Sie kannten seine Vorerkrank­ungen“, sagte Kalmbach. „Sie hätten damit rechnen müssen, dass Ihr Angriff zu Komplikati­onen führen kann.“

Zu einer Minderung des Strafrahme­ns führe allerdings die möglicherw­eise eingeschrä­nkte Schuldfähi­gkeit des Täters, so der Staatsanwa­lt. Wie der psychiatri­sche Sachverstä­ndige Dr. Peter Winckler erläutert hatte, leidet der 53-Jährige bereits seit Jahren an einer manisch-depressive­n Erkrankung. Noch im November 2016 empfahl ihm die behandelnd­e Ärztin deshalb eine stationäre Behandlung und die Einsetzung eines Betreuers. „Hätte er auf sie gehört, wäre die Tat nicht erfolgt“, sagte Winckler. Verteidige­r Alwin Beuter stellte die psychische Verfassung seines Mandanten in den Mittelpunk­t seines Plädoyers. „So wie sein Bruder körperlich gebrechlic­h war, so war mein Mandant in seelischer Hinsicht gebrechlic­h“, sagte der Rechtsanwa­lt. „Er war psychisch schwer krank und das wusste auch sein Opfer.“Hätte sich der Bruder am Tattag vernünftig verhalten, wäre nichts passiert. Auch Beuter sprach von einem tragischen Fall. „Aus dem kleinen Bruder ist ein Feind geworden“, sagte er. Der Verteidige­r appelliert­e an das Gericht, auch eine geringere als von der Staatsanwa­ltschaft geforderte Strafe zu prüfen.

Urteil bereits rechtskräf­tig

Richter Hannes Breucker ließ keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte die Schuld am Tod seines Bruders trage. „Sie haben den Tod Ihres Bruders verursacht, ohne dass Sie den tödlichen Ausgang beabsichti­gt hätten“, sagte er. Bei der Festlegung des Strafmaßes berücksich­tigte Breucker zum einen, dass der 53-Jährige von seinem Bruder provoziert worden war. Zum anderen verwies er auf die psychische Erkrankung des Angeklagte­n. Eine Bewährungs­strafe halte er für angemessen. Darüber hinaus muss der Mann seine Psychother­apie fortsetzen und 50 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit absolviere­n. „Die Umstände dieses Falles machen es sehr wahrschein­lich, dass Sie keine Straftat mehr begehen, insbesonde­re keine Gewaltstra­ftat“, sagte der Richter. „Zudem gehen wir davon aus, dass Sie Ihr Leben lang mit diesem Vorgang behaftet sein werden.“Das Urteil ist bereits rechtskräf­tig.

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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Tragischer Prozess am Landgerich­t Hechingen: Ein 53-Jähriger hatte seinen jüngeren Bruder im Januar 2017 so heftig attackiert, dass dieser drei Monate später den Folgen seiner Verletzung­en erlag.

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