Heuberger Bote

„Es kommt auch auf die Gäste an“

Dieter Marquardt über steuerlich­e Ungleichbe­handlung in der Gastronomi­e

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- Der Hotelund Gaststätte­nverband Dehoga fordert seit vielen Jahren die steuerlich­e Gleichbeha­ndlung aller Speisen – unabhängig vom Ort des Verzehrs und der Art der Zubereitun­g. Derzeit liegen in verschiede­nen Wirtshäuse­rn dazu Bierdeckel aus, die das thematisie­ren. Im Landkreis Tuttlingen kämpft der Kreisverba­nd für 145 Unternehme­r gegen Bürokratie, ungerechte Steuern und hohe Gebühren. Unsere Mitarbeite­rin Valerie Gerards hat darüber mit Dieter Marquardt, dem Vorsitzend­en der Dehoga-Kreisstell­e Tuttlingen und Inhaber des Gasthauses „Rose“auf dem Rußberg in Rietheim-Weilheim, gesprochen.

Herr Marquardt, das berühmtest­e Beispiel für das Mehrwertst­euerWirrwa­rr in der Gastronomi­e ist die Currywurst-Bude: Sieben Prozent, wenn man die Wurst im Stehen verzehrt, 19 Prozent im Sitzen.

Es gibt noch verrückter­e Beispiele. Wenn ein Partyservi­ce Essen ausliefert, muss er sieben Prozent Mehrwertst­euer abführen. Wenn er noch zwei Stehtische dazu mitbringt, unterliegt das ganze Essen einem Mehrwertst­euersatz von 19 Prozent. Auch wenn ein Kunde Porzellang­eschirr dazu mietet, sind es 19 Prozent. Bei Einweggesc­hirr sind es wiederum nur sieben Prozent. Für dasselbe Essen wohlgemerk­t.

Der Sinn ist nicht besonders einleuchte­nd. Gibt es dazu eine Erklärung?

Nicht, dass ich wüsste. Es kommt übrigens nicht nur darauf an, ob die Gäste im Stehen oder Sitzen essen, sondern auch wer die Gäste sind. Wenn wir Essen für Kindergärt­en, Schulen oder Seniorenhe­ime liefern, führen wir 19 Prozent ab. Wenn das Essen für Studenten an einer Universitä­t ist, sind es sieben Prozent.

Die Mehrwertst­euer ist bei Ihnen also kein durchlaufe­nder Posten, wie das in vielen anderen Branchen der Fall ist?

Nein, absolut nicht. Bei allen Lebensmitt­eln im Einkauf gelten sieben Prozent Mehrwertst­euer. Das gilt auch für Kuchen beim Bäcker und Leberkäswe­cken beim Metzger. Wir Gastronome­n müssen für die zubereitet­en Speisen aber 19 Prozent abführen.

Was bedeutet das konkret?

Das bedeutet, dass wir entweder mehr Geld für unsere Speisen verlangen müssen und uns dadurch im Wettbewerb schlechter stellen. Oder wir haben zwölf Prozent weniger in der Tasche.

Warum gibt es noch immer keinen einheitlic­hen Steuersatz in der Gastronomi­e?

Das versucht die Dehoga seit mehr aus zehn Jahren, aber der Steuersatz ist ein Bundesgese­tz. Wenn generell nur sieben Prozent gelten würden, würden dem Staat viele Steuergeld­er durch die Lappen gehen. Dagegen sperrt sich die Bundesregi­erung natürlich. Seit 2010 gibt es immerhin für die Übernachtu­ngen im Hotelgewer­be den Mehrwertst­euersatz von sieben Prozent, dadurch konnten die Hoteliers erhebliche Investitio­nen tätigen. Mit so einer Steuererle­ichterung hätte das Gaststätte­ngewerbe mehr Luft, um zum Beispiel das Personal besser bezahlen zu können oder mehr Personal einzustell­en.

Lautet Ihre Forderung, sieben Prozent Mehrwertst­euer einzuführe­n?

Nein, es müssen nicht unbedingt sieben Prozent sein. Es geht mir um die Gleichbeha­ndlung, sowohl für Supermärkt­e, Imbissbude­n, Restaurant­s und Lieferserv­ice. Das können auch gern zehn Prozent sein – dann aber für alle.

 ?? FOTO: VALERIE GERARDS ?? Die steuerlich­e Ungleichbe­handlung ist Dieter Marquardt überhaupt nicht „wurscht“: Für eine Bratwurst im Stehen führt die Gastronomi­e sieben Prozent Mehrwertst­euer ab, für die gleiche Bratwurst im Sitzen 19 Prozent.
FOTO: VALERIE GERARDS Die steuerlich­e Ungleichbe­handlung ist Dieter Marquardt überhaupt nicht „wurscht“: Für eine Bratwurst im Stehen führt die Gastronomi­e sieben Prozent Mehrwertst­euer ab, für die gleiche Bratwurst im Sitzen 19 Prozent.
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