Heuberger Bote

WM-Orakel leben gefährlich

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Die Überliefer­ung legt es nahe, dass der Beruf des Orakels ein heikler, weil äußerst gefährlich­er ist. Weissagt es nicht das, was der Herrscher hören möchte, riskiert es fristlos – etwa durch einen Henker – entlassen zu werden. Da geht es ihm ähnlich wie dem Überbringe­r schlechter Nachrichte­n im Mittelalte­r, der ja noch viel weniger für den Inhalt des zu Vermeldend­en konnte als ein schwatzhaf­tes Orakel. Trotzdem musste so mancher Bote seinem Scharfrich­ter verfallen, weil zum Beispiel ein König gern fröhlicher­e Kunde gehabt hätte.

Ganz so weit muss man nicht in der Geschichte zurückgehe­n. Es genügt ein Blick in aktuelle japanische Zeitungen. Dort wird die traurige Geschichte von Rabio erzählt. In seinem kurzen Orakel-Berufslebe­n hat der Oktopus fahrlässig­erweise das Ausscheide­n von Japans Nationalte­am richtig prognostiz­iert – wie auch schon sämtliche Japan-Spiele der Vorrunde. Doch anstatt ihn in Dankbarkei­t friedlich in einem netten Aquarium seine Rente genießen zu lassen, ist er nun zu Sashimi verarbeite­t worden, also in Form roher Scheibchen auf dem Teller gelandet.

Das zeigt einmal mehr, dass wir Menschen uns in den vergangene­n paar Tausend Jahren kaum verändert haben, wenn wir die Überbringe­r treffsiche­rer Prognosen noch immer nicht am Leben lassen. Das „Orakel von Omaha“, die Investoren­legende Warren Buffett, kennt solche Gefahren freilich nicht. Zum einen, weil er seinen Anlegern fast immer nur frohe Kunde hat übermittel­n können. Zum anderen, weil Buffett im Alter von 87 Jahren als Sushi eine merkwürdig­e Figur abgeben würde. (nyf)

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FOTO: DPA Deutschlan­ds Orakel-Krake Paul durfte seine Rente im Sea Life in Oberhausen verbringen.

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