Mit Ernteverboten gegen Schweinepest
Was die Bürger erwartet, wenn die Tierseuche ausbricht – Streit um Entschädigungen
- Sie bedroht Wild- und Hausschweine sowie die Existenz vieler Bauern: Die Afrikanische Schweinepest (ASP) breitet sich weiter in Europa aus. Bald soll ein neues Gesetz in Kraft treten. Wenn die Seuche ausbricht, dürfen die Behörden dann Bauern verbieten, ihre Felder abzuernten. Außerdem dürften die Ämter ganze Gebiete für Verkehr und Spaziergänger abriegeln. Doch wer soll den Bauern ihre Ernteausfälle bezahlen? Und wie geht es voran mit den Maßnahmen, die das Land gegen den Ausbruch der Seuche ergriffen hat?
Die Tierseuche ist für Menschen ungefährlich. Doch befällt sie Wildoder Hausschweine, sterben sie einen qualvollen Tod. Seit einigen Jahren breitet sie sich in Osteuropa aus, unter anderem in Tschechien, Rumänien und Polen. In den letztgenannten Staaten steigen die Zahlen nach Angaben des zuständigen Bundesinstituts rasant: In Polen werden seit Jahresbeginn im Schnitt 60 neue Fälle pro Woche gemeldet, derzeit haben die Behörden mehr als 1500 Infektionen registriert. In Rumänien stieg die Zahl in der vergangenen Woche um 140 auf nun mehr als 200.
Bauern fürchten um Existenz
Für Baden-Württembergs 24 000 Schweinezüchter wäre ein Ausbruch im Südwesten ein Desaster. Die EU und andere Staaten würden kein Fleisch mehr aus Baden-Württemberg kaufen – die Züchter stünden vor dem Aus. Außerdem müssten Tausende von Wildschweinen erschossen werden, um zu verhindern, dass sie die Erreger weitertragen.
Am Freitag beraten Vertreter der Bundesländer im Bundesrat über nötige Schutzmaßnahmen. Im Ernstfall will sich die Bundesregierung an Tschechien orientieren. Dort traten vor einem Jahr 28 ASP-Fälle auf. Die Tschechen umzäunten daraufhin ein etwa 40 Quadratkilometer großes Gebiet mit einen 22 Kilometer langen Elektrozaun. Die Befugnis dazu sollen die Behörden in Deutschland nun bekommen – und können damit bei einem Ausbruch der Seuche große Gebiete für Spaziergänger und Verkehr sperren.
Außerdem könnten die Ämter künftig zum Beispiel Landwirten verbieten, ihre Felder abzuernten. Das beträfe auch Sonderkulturen – also zum Beispiel WeihnachtsbaumSchonungen. Zudem könnte die Landesregierung anordnen, Schneisen in die Felder zu mähen, damit Jäger Wildschweine besser erlegen könnten. Was das bedeutet, hat die Bundesregierung schon einmal für einige Beispiele ausgerechnet. Raps schlägt mit einem Verdienstausfall von knapp 770 Euro pro Hektar zu Buche, Zuckerrüben gar mit 1450 Euro. Baumschulen oder Rebflächen kosteten laut der Berechnung pro Hektar mehr als 23 500 Euro.
Deshalb sehen die Landwirte solche Ankündigungen mit Sorge. Und nicht nur sie: Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk (CDU) warnt schon jetzt vor den Kosten. Denn wenn Landwirte nicht ernten dürfen, steht ihnen eine Entschädigung zu. „Das würde teuer. Deswegen erwarte ich vom Bund, dass er die Länder nicht mit diesen Kosten alleinlässt.“Die Regierung aus CDU, CSU und SPD müsse deshalb zusagen, wie sie sich im Seuchenfall an den Entschädigungen beteilige.
Außerdem wünscht sich Hauk mehr Unterstützung für jene Maßnahmen, die das Land bereits ergreift, um einen Ausbruch der ASP zu verhindern. Im Februar hatte er einen 12-Punkte-Plan vorgelegt und unter anderem versprochen, die Jagd auf Wildschweine zu erleichtern. Denn der Bestand in Baden-Württemberg wächst seit Jahren stark, die ASP würde sich daher rasant ausbreiten. Deswegen soll die Zahl der Tiere gesenkt werden: statt jährlich 70 000 Abschüsse sollen 100 000 Tiere getötet werden.
Jäger kritisieren Minister
Erhard Jauch vom Landesjagdverband kritisiert die schleppende Umsetzung des Haukschen Programms: „Verkündet war das Maßnahmenpaket schnell, die Umsetzung dauert leider etwas länger.“So dürfen Jäger ausnahmsweise Nachtzielgeräte einsetzen, um Wildschweine zu jagen. Doch um das zu erlauben, waren Absprachen zwischen Agrar- und Innenministerium zuständig. „Das dauerte fast bis Ende Mai“, so Jauch. Er mahnt auch an anderer Stelle zur Eile. So will Minister Hauk die Inhaber von Jagdrevieren finanziell unterstützen, wenn sie besondere Jagdstände oder andere Ausrüstung kaufen wollen, die die Wildschweinjagd ermöglichen. „Wir erarbeiten die Vorgaben dafür bis zur Sommerpause“, verspricht Hauk.