Freigeist
von 2002 bis 2010 Präsident des Bundesverfassungsgerichts, ist am Freitag 75 Jahre alt geworden. Pünktlich zu seinem Geburtstag hat Papier seine Meinung zum deutschen Asylstreit eingebracht. In einem Gutachten für die FDP-Bundestagsfraktion schreibt er, dass eine Zurückweisung von Migranten an den deutschen Landgrenzen rechtmäßig und geboten sei. Das „tragende Regelungsprinzip des EU-Asylrechts“sei es, dass ein Asylbewerber „sich eben das Zielland für seinen Schutz in der EU nicht selbst und frei aussuchen und einen Aufenthalt in seinem „Wunschland“erwirken“könne, schreibt Papier in der Stellungnahme, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Nach seinem Ausscheiden in Karlsruhe kommentierte Papier immer wieder gesellschaftliche Fragen. Kritik übte er an der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Asyl- und Migrationspolitik müssten getrennt werden, damit „das Asylrecht nicht länger als Türöffner für eine illegale Einwanderung zweckentfremdet“werde. Zugleich wandte er sich gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und gegen eine schärfere Abschiebepraxis. Der Jurist kämpft auch gegen eine Aufweichung des Sonntagsschutzes. Das Gesetz über die „Ehe für alle“nannte Papier verfassungswidrig. Sowohl Grundgesetz als auch Verfassungsgericht hätten definiert, dass eine Ehe eine Lebensgemeinschaft von Mann und Frau sei.
Papier stammt aus Berlin, wo er Abitur machte, Jura studierte, den Doktortitel erwarb und sich habilitierte. Den ersten Lehrstuhl hatte der Jurist in Bielefeld, bevor er 1992 nach München wechselte. Daneben war Papier von 1991 bis 1998 Vorsitzender der Kommission zur Überprüfung des Vermögens von Parteien und Organisationen in der ehemaligen DDR und stellvertretender Vorsitzender der Ethikkommission der bayerischen Ärztekammer. 1998 wurde das CSU-Mitglied zum Vorsitzenden des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts berufen. Nachdem Jutta Limbach 2002 als Gerichtspräsidentin ausgeschieden war, wurde Papier Chef des Verfassungsorgans. 2010 ging er in den Ruhestand. (KNA/dpa)