Heuberger Bote

Noch trägt Carmen Jeans

Bizets Oper kehrt am 19. Juli auf die Seebühne zurück – Erstauffüh­rung von „Beatrice Cenci“im Festspielh­aus

- Von Barbara Miller und Katharina von Glasenapp

- Sie ist eine Frau, die frei sein will und dafür auch in den Tod geht: Carmen, der Inbegriff der feurigen Verführeri­n, wird auch dieses Jahr wieder über 200 000 Besucherin­nen und Besucher auf die Seebühne locken. Das ist jetzt, knapp zwei Wochen vor der Premiere (19.7.), schon sicher. 90 Prozent der Karten sind schon verkauft. 23 000 Karten sind noch zu haben, auch durch die Verlängeru­ng um einen Tag (20. August).

Gravierend­e Änderungen an der Inszenieru­ng wird es nicht geben. Und doch hüpft Regisseur Kaspar Holten wie ein Eichhörnch­en über die Seebühne, zeigt David Pomeroy, wie er die Wut Don Josés darstellen soll und macht Lena Belkina vor, wie sie die wilde Zerrissenh­eit Carmens ausdrücken könnte. Gesungen wird bei solchen ersten Proben mit Klavierbeg­leitung nicht mit voller Stimme. Die muss geschont werden, ist sie doch bei Freiluftau­fführungen ganz besonderen Bedrohunge­n ausgesetzt. Gaëlle Arquez weiß um diese Besonderhe­iten. Die französisc­he Mezzosopra­nistin stand schon vergangene­s Jahr als Carmen auf der Seebühne und musste – wie ihre Kolleginne­n – den Tod durch Ertrinken spielen. „Diese Szene liebe ich“, sagt die Französin, die an der Frankfurte­r Oper im Engagement ist. Doch ihren Eltern sei ein Schreck in die Glieder gefahren. Gaëlle Arquez lacht, wenn sie davon erzählt.

Neu am Dirigenten­pult der Wiener Symphonike­r und erstmals in Bregenz tätig ist der aus Messina stammende Antonino Fogliani. Er ist auch der musikalisc­he Leiter des Rossini-Festivals in Wildbad. Der zweite Dirigent ist wie im vergangene­n Jahr Jordan de Souza.

Oper ist nicht nur eine der aufwendigs­ten Kunstforme­n, sie ist auch eine, die eine lange Vorlaufzei­t hat: Geplant wird schon für die nächsten fünf Jahre. Nächstes Jahr wird es mit Verdi auf der Seebühne weitergehe­n: „Rigoletto“wird 2019 und 2020 auf dem See gespielt. 2021 und 2022 folgt Puccinis „Madame Butterfly“.

Starke Frauen stehen auch in der Oper im Festspielh­aus im Mittelpunk­t: „Beatrice Cenci“von Berthold Goldschmid­t (1903 – 1996) ist wie so oft bei den Bregenzer Hausopern nur wenigen Menschen ein Begriff, doch Intendanti­n Elisabeth Sobotka glaubt, natürlich, an das Gelingen dieser ausdruckss­tarken Oper. Francesco Cenci, den rücksichts­losen römischen Edelmann, der sich für seine Verfehlung­en bei der Kirche freikaufte, hat es wirklich gegeben. In der in den 1950er-Jahren komponiert­en Oper geht es um Macht, Machtmissb­rauch, Mord, Vergewalti­gung, Skrupellos­igkeit – Themen, die nur allzu aktuell sind. Doch endet das Stück, so Regisseur Johannes Erath und Dirigent Johannes Debus einmütig, mit der „Möglichkei­t des Lichts und des Trosts“: Denn mit den letzten Klängen hat der Komponist, der 1935 vor den Nazis aus Deutschlan­d floh und in England lebte, ein Requiem für Beatrice und ihre Stiefmutte­r Lucrezia geschriebe­n.

Erste Inszenieru­ng

Wenn man das Libretto und die Geschichte lese, könnte man anderes erwarten, sagt Johannes Debus, der vor vier Jahren im Festspielh­aus „Hoffmanns Erzählunge­n“dirigierte. Trotz der Düsternis der Handlung habe Goldschmid­t auch Schönheit und Wärme in seine Klänge gemischt, Klänge freilich, die zur Zeit der Entstehung eher verpönt waren. Ende der 1980er-Jahre hat man Goldschmid­t wiederentd­eckt, damals wurde auch „Beatrice Cenci“erstmals konzertant und szenisch aufgeführt. Bis heute gibt es übrigens nur eine handschrif­tliche Partitur, für Debus ein „Goldstück“, das emotionale Inhalte vermittelt.

Regisseur Johannes Erath ist ausgebilde­ter Geiger und inszeniert­e vor zwei Jahren auf der Werkstattb­ühne „Make no noise“. Im Bühnenbild zu „Beatrice Cenci“sollen sich Macht und Architektu­r der Kirche spiegeln, doch geht seine Regie stark von der Musik aus. In zwei Wochen werden wir mehr wissen.

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FOTO: LISA MATHIS So sieht es aus, wenn auf der Opernbühne geprobt wird: Carmen (Lena Belkina, rechts hinten) und Don José in Jeans, der Regisseur Kaspar Holten (links im Vordergrun­d) in kurzen Hosen.

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