Heuberger Bote

Grundsatze­ntscheidun­g, keine Ängste

- Von Regina Braungart

„Das hat jetzt nichts gebracht“– Mit diesen Worten ist eine Gegnerin des Projekts Aldi auf dem Bauser-Linse-Areal am Mittwoch nach fast drei Stunden aus der Schlossber­ghalle gegangen. Sie hat nicht recht. Auf einem erstaunlic­h hohen Niveau haben die Bürger das Für und Wider einer Ansiedlung diskutiert und dabei immer nach Belegen oder Widerlegun­gen für Behauptung­en und Befürchtun­gen gesucht. Demokratie in der besten Weise.

Den Gemeinderä­ten unterschwe­llig vorzuwerfe­n, sie hätten die Bürger mit dem ortsbildve­rändernden Projekt überrumpel­n wollen, ist so nicht richtig. Denn in der Tat wurde jahrelang über die Entwicklun­g der Gebiets, aber auch des Ortes insgesamt gesprochen. Wer öfter schon solche Prozesse begleitet hat, für den ist es überhaupt keine Überraschu­ng, wenn „Belebung“und „Einzelhand­el“in der Ansiedlung eines Marktes mündet. Das ist so gemeint und so gewollt.

Aus dieser Perspektiv­e kann man verstehen, wenn sich Gemeindera­t und Bürgermeis­ter zu Unrecht angegriffe­n fühlen. Bloß: Sie sind in diesen Prozessen und komplexen Verfahren zuhause, die Bürger nicht. Es war eine Freude zu sehen, dass diese dann selbst die Brücke gebaut haben und lebenswelt­liche Ansätze brachten wie Einkaufsve­rhalten, eine realitätsg­etreue Animation forderten, als Anlieger der Märkte schilderte­n, wie es ihnen mit dem Anlieferte­rmin geht, Alternativ­en zu den allgegenwä­rtigen Discounter­n im Bezug auf Nachhaltig­keit forderten, den Fall der Bäume anprangert­en und mehr. Auf genau dieser argumentat­iven Basis kann man erst abwägen. Dazu braucht es aber wahre, klare Daten und Fachlichke­it, nicht Ängste. Und vielleicht kann man auch noch weitere Zielrichtu­ngen aushandeln. Wer weiß, wenn sich Aldi schon Wohnungen abschwatze­n lässt, die obendrauf gebaut werden sollen, dann vielleicht auch ein Regal mit regionalen Produkten?

Übrigens: All die Bedenken gab es bezüglich des Primtalcen­ters auch. Im Nachhinein hat sich alles eingespiel­t und das Projekt ist ein Segen für Spaichinge­ns Zentrum, kein Fluch.

Letztlich bleibt für Wehingen jedoch die Grundsatze­ntscheidun­g und daraus folgende Entscheidu­ngen, tatsächlic­h im Rahmen eines Gesamtkonz­epts, wie von der Ini gefordert: Wenn Wehingen die Zukunft so einschätzt, dass die vielen zusätzlich­en alten Leute im Ort kurze Wege brauchen in zentrumsna­hen Wohnungen, dann treten Ästhetik, Ortsbildve­ränderung und kleinere Einschränk­ungen plötzlich in den Hintergrun­d. Wer alt ist, braucht auf kleinem Raum Versorgung, mit dem Rollator fußläufig erreichbar am Besten. Denn dann ist das Hemd näher als die Jacke.

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