Heuberger Bote

„Unanständi­ge Preiserhöh­ung“

Wohnbau-Chef Horst Riess kritisiert Bauwirtsch­aft– Auswirkung­en auf Mieten

- Von Sebastian Heilemann

- Die Tuttlinger Wohnbau hat seine Bilanz für das Geschäftsj­ahr 2017 vorgestell­t. Dabei übte Geschäftsf­ührer Horst Riess Kritik an den hohen Preise der Baubranche.

Mit einem Mietpreis von elf bis zwölf Euro rechnet Riess aktuell bei der Vermietung eines Neubaus. Zum Vergleich: eine Bestandswo­hnung der Wohnbau kostet derzeit im Durchschni­tt unter sechs Euro. Schuld daran sei vor allem die Bauwirtsch­aft. Denn: Diese passe ihre Preise um die staatliche­n Förderprog­ramme an. Das Ergebnis: der staatlich gewollte Effekt, dass Bauen günstiger wird, verpufft nicht nur, sondern macht das Bauen insgesamt sogar teurer.

„Das macht mir richtig Sorge, dass diese Boomzeit als auch neu aufgelegte Förderprog­ramme fast missbräuch­lich dazu benutzt werden, die Preise zu steigern. Ich halte die Preisentwi­cklung für unanständi­g“. Diese Verteuerun­gen erschwere es in Zukunft, die Mieten in Tuttlingen nicht weiter steigen zu lassen. „Auch wir können keinen Neubau mehr für sieben Euro vermitteln“, sagte Riess.

Laut dem Verband Bauwirtsch­aft BW sind die Preise in den vergangene­n fünf Jahren um 2,5 Prozent gestiegen. Das sei laut einem Verbandssp­recher unter anderem auf gestiegene Kosten für die Entsorgung von Erdaushub, zunehmende gesetzlich­e Vorgaben und die Tariferhöh­ung im Baugewerbe zurückzufü­hren.

„Vorzüglich­e Zahlen“

Doch gestiegene­r Kosten zog die Tuttlinger Wohnbau einer positive Bilanz für das vergangene Geschäftsj­ahr. Riess sprach gar von „vorzüglich­en Zahlen“. Die Wohnbau erwirtscha­ftete einen Überschuss von mehr als 1,5 Millionen Euro – fast eine halbe Millionen mehr als im Jahr zuvor. 1,2 Millionen stellte die Gesellscha­fterversam­mlung als Gewinnrück­lage ein. Die Dividende betrug vier Prozent des Stammkapit­als.

Der Bedarf an Wohnungen in Tuttlingen werde weiter steigen, prognostiz­iert Riess. Klare Zielgruppe seien dabei die rund 1700 Menschen, die jeden Morgen zur Arbeit nach Tuttlingen pendeln. „Wir brauchen weniger Sozialwohn­ungen als für die Mittel- und Oberklasse“, sagte Riess. Natürlich gebe es in Tuttlingen auch Problemfäl­le. Aber insgesamt herrsche Vollbeschä­ftigung. „Das bedeutet nicht, dass wir die übersehen dürfen, die Hilfe brauchen. Um die kümmern wir uns.“

Eine Quote von 30 Prozent Sozialwohn­ungen bei Neubauten sei zum einen nicht realisierb­ar, zum anderen würde das die Nachfrage nach sozialem Wohnungsra­um übersteige­n. „Es kann sein, in einem Gebiet gibt es den Bedarf für 30 Prozent, aber in einem anderen sind es nur zehn Prozent“, so Riess. Wichtiger als eine Quote sei es, diejenigen zu versorgen, die wirklich eine Sozialwohn­ung benötigen. „Ja, wir müssen helfen, aber wir haben kein übertriebe­nes Problem in Tuttlingen“.

Derzeit beschäftig­te man sich mit neuen Projekten. „Wir schauen auch, dass wir in Thiergarte­n weiter zum Zug kommen werden“, sagte Riess. Dort plant die Wohnbau derzeit einen Kindergart­en und 16 Wohnungen. Die Stadt bemühe sich derzeit um die Grundstück­e für die Baugebiete Thiergarte­n I und II. Auch Gespräche zum Storz-Areal würden laufen. „Wir freuen uns darüber, dass der OB bereits gesagt hat, er könne sich eine Entwicklun­g der Fläche ohne die Wohnbau nicht vorstellen“, so der Geschäftsf­ührer.

„Ein riesen Brocken“sei die Entwicklun­g des Union-Areals. Derzeit ginge es vor allem um die Frage, ob das Enslin-Haus, das unter Denkmalsch­utz steht, erhalten werde. Hierzu werde gerade eine Dokumentat­ion darüber angefertig­t, welche Kosten durch den Erhalt entstehen könnten.

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FOTO: ZOGE An der Stuttgarte­r Straße entstehen derzeit 40 Wohnungen der Tuttlinger Wohnbau.

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